Steile Frise! Warum ein Goldfasan während der Paarungszeit kaum etwas sieht

Porträt eines  Goldfasans
Wer so ausschaut, muss selbst nichts sehen. Oder doch? Ein paarungswilliger Goldfasan im Profil
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Für die Balz trägt der männliche Goldfasan ein Toupet aus Federn. Er bezirzt damit Weibchen, verliert aber den Durchblick – und stirbt in Schönheit 

Wer Ende der 2000er-Jahre geschlechtsreif wurde und dazu auch noch männlich war, trug mit hoher Wahrscheinlichkeit einen grauenvollen Haarschnitt: Mittellang waren die Haare der Pubertierenden, ragten weit in ihre Stirn. Mit den Pilzköpfen ihrer Väter hatten sie dennoch nichts gemein, immer gab es diese eine, zu oft blondierte Strähne, per Glätteisen über das linke Auge gezerrt. Die unvermeidliche Halbblindheit störte zwar furchtbar, war aber auszuhalten. Gleiches gilt, fand ein Forschungsteam aus Oxford nun heraus, für den Goldfasan. 

Im Gegensatz zu pubertierenden Menschenkindern hat dieser jedoch weder die Wahl noch einen Friseur. Der Vogel muss mit dem Schmuck leben, den ihm die Evolution auf den Kopf gesetzt hat. Während der Paarungszeit wird dieser besonders prächtig, erinnert mal an ein Toupet aus güldenem Federflaum, mal an den selbsternannten König von Amerika.

Dass der Goldfasan damit zu den schicksten aller Vögel gehört, wissen Ornithologinnen und Ornithologen längst. Nun jedoch untersuchte ein Forschungsteam die "steile Frise" zum ersten Mal aus der Perspektive des Vogelmännchens selbst. Und siehe da, auch der Fasan ist halbblind vor Liebe. 

Mit einem Ophthalmoskop leuchteten die Forschenden paarungsgierigen Vögeln, darunter waren Gold- und Diamantfasane, in die Augen. Die Tiere waren dabei in eine Schaumstoffwiege geschnallt, ihr Schnabel mit einem Silikonhalter fixiert. Dann dokumentierten die Forschenden die Reflexionen, die, je nach Winkel des Lichteinfalls, in der Retina der Vögel aufblitzten oder nicht – und rekonstruierten somit ihr Sichtfeld. 

Das Ergebnis: Während die Männchen ihr Toupet tragen, sehen sie im Vergleich zu den Weibchen mindestens 30 Prozent weniger von ihrer Umwelt. Ihr binokulares Sehvermögen, jener Bereich also, den die Vögel mit beiden Augen erfassen können, war sogar um 41 Prozent verringert. 

Ein Goldfasanenpaar: ein buntes Männchen balzt, ein graues Weibchen schaut gelangweilt
Scheinbar völlig kalt lässt die Fasanenhenne, unscharf im Vordergrund, der Balztanz ihres Artgenossen. Bis zu zwölf Eier legt sie und bebrütet diese allein 
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Fasanenhennen juckt das wenig. Nach der Paarungszeit lassen sie die Hähne Hähne sein, ziehen sich an geschützte Orte zurück und bebrüten ihre Eier allein. Für Fasanenmänner ist die aufgezwungene Frisur jedoch eine echte Gefahr. Sie verdeckt besonders den oberen Bereich ihres Sichtfeldes, aus dem sich Raubvögel naturgemäß besonders häufig nähern. 

Der Fasan, schreiben die Forschenden in ihrer gestern im Fachmagazin Biology Letters erschienenen Studie, sei damit die erste Vogelart, bei der ein derart gravierender Sehunterschied zwischen den Geschlechtern bekannt sei. Weitere Studien könnten nun über die Details aufklären und ergründen, ob die Hähne auch ihr Verhalten an die eingeschränkte Sicht anpassen.