Eine beinahe perfekte Linie teilt sein Gefieder in der Mitte: Links schimmert der Vogel von Kopf bis Schwanz in einem Blauton, rechts ist er leuchtend grün. Was die Farben bedeuten, ist nur ein Hinweis darauf, was diesen Kappennaschvogel tatsächlich von seinen Artgenossen unterscheidet. Denn dieser Vogel ist ein sogenannter Gynander – ein Mosaikzwitter, der sowohl das männliche als auch das weibliche Geschlecht in sich vereint.
Dass der Gynadromorphismus bei Tieren derart selten vorkommt, ergibt sich aus der unwahrscheinlichen Kombination von Geschlechtschromosomen, die ihm zu Grunde liegt. Diese werden bei Vögeln mit den Buchstaben Z und W bezeichnet. Bei Weibchen liegt eine ZW-Kombination vor, Männchen haben zwei Z-Chromosomen. Im Zellkern von Spermien und Eizellen befindet sich in der Regel nur je ein Chromosom. In seltenen Fällen aber entwickelt sich eine weibliche Eizelle mit zwei unterschiedlichen Zellkernen. Der eine besitzt dann ein Z-Chromosom, der andere ein W-Chromosom. Wird diese Eizelle von zwei Z-Spermien befruchtet, entsteht ein zweigeteilter Körper mit beiden Chromosom-Typen: sowohl ZZ als auch ZW.

Ob bei Insekten, Krebstieren oder wie hier Vögeln: Das Phänomen findet sich in der ganzen Tierwelt. Ausgerechnet beim Kappennaschvogel ist es aber über 100 Jahre her, seit ein Gynander gesichtet wurde. Der jetzt entdeckte Vogel lebt in Kolumbien. Gefunden hat ihn der Hobby-Ornithologe John Murillo, später begleitet von Hamish Spencer, einem Zoologen und Professor aus Neuseeland. Ihre Beobachtungen haben sie im Journal of Field Ornithology veröffentlicht. Spencer hebt hervor, wie besonders diese Sichtung war – für die Forschung, aber auch für ihn persönlich: "Das Phänomen ist bei Vögeln extrem selten, ich kenne kein einziges Beispiel aus Neuseeland. Es ist bemerkenswert, und ich hatte das große Privileg, es zu sehen."