Wenn ein Mikrochip wie eine utopische Stadtlandschaft aussieht, wenn eine Blattlaus wie ein Monster erscheint, wenn der Riss auf einer Apfelschale wie der Grand Canyon anmutet und die Oberfläche eines Fünfeuroscheins wie der Dachboden eines von Spinnen besetzten Spukschlosses - dann waren Oliver Meckes und Nicole Ottawa am Werk. Wie Gulliver im Reich der Riesen kann der Betrachter ihrer Bilder durch eine Welt wandern, in der noch das winzigste Lebewesen, die fast atomkleine Struktur der Natur riesig groß erscheinen; prächtig, wundervoll konstruiert und manchmal zum Fürchten.
Es ist ein Reich, in dem Einzeller ein "Gesicht" erhalten, Pilze zu Wäldern wuchern, Kristalle eine psychedelische Aura erhalten und Krabbeltiere mal den Glanz von Diven, mal den Auftritt einer Schreckensgestalt. Ein Reich, in dem Insekten wie die Figuren eines bizarren Maskenballs auftauchen und fliegendreckgroße Landschaften so aussehen, als könne man zu Tagesmärschen aufbrechen in ihnen. Rasterelektronenmikroskop und Lichtmikroskop: Das sind die Medien, mit denen Meckes und Ottawa arbeiten; mit denen sie zehnfache Vergrößerungen schaffen, auch 800-fache, bis hin zum 100.000-Fachen.
"Wissenschaftlich korrekt und ästhetisch brillant" wollen sie dabei sein, und das verfehlen sie nicht bei ihren Expeditionen im heimlichen Universum des Allerkleinsten. Der französische Mathematiker und Physiker Henri Poincaré schrieb zu Anfang des 20. Jahrhunderts: "Der Gelehrte studiert die Natur nicht, weil das etwas Nützliches ist; er studiert sie, weil er daran Freude hat, und er hat Freude daran, weil sie so schön ist." Und: "Wenn die Natur nicht so schön wäre, so wäre es nicht der Mühe wert, sie kennenzulernen." Könnte sein, dass ihm Gelehrte von heute nicht unbedingt beipflichten möchten, aber Meckes und Ottawa unterschreiben das.
Und das Resultat? "Augenergötzungen" wurden die angeblich schon im frühen 18. Jahrhundert veranstalteten öffentlichen Vorführungen reproduzierter Mikroskopbilder genannt. Augenergötzungen zu schaffen beabsichtigt auch das "Eye of Science"-Duo, selbst wenn Johann Wolfgang Goethe einst mäkelte, dass "Mikroskope und Fernröhre eigentlich den reinen Menschensinn verwirren".
Die Homepage von Nicole Ottawa und Oliver Meckes