Tierverhalten Freundschaft geht vor: Beziehungen bestimmen die Marschreihenfolge von Pavianen

Paviane in einer Gruppe
Paviane pflegen starke soziale Bindungen und schließen Freundschaften. Das zeigt sich auch auf den Streifzügen durch ihr Gebiet
© W. Leurs / blickwinkel / AGAMI / imago images
Lange wurde gerätselt, warum und in welcher Reihenfolge Paviane in Reih und Glied durch die Savanne streifen. Jetzt haben Forschende eine rührende Erklärung gefunden

Paviane trifft man selten allein, ihre Reviere im südlichen Afrika durchstreifen die Tiere in der Gruppe: Aufgereiht wie Perlen auf einer Schnur ziehen sie in einer eindrücklichen Prozession durch Steppen, Savannen und offene Waldgebiete. Doch aus welchem Grund bewegen sich die Paviane so fort – und vor allem: wer reiht sich an welcher Stelle der Parade ein? 

Über die Hintergründe dieses Verhaltens wurde lange gerätselt: Da wurde vermutet, dass die schwächsten Gruppenmitglieder in der Mitte gehen und die Stärkeren den Kopf und den Schwanz der Prozession bilden. Wollte die Gruppe so das Risiko eines Angriffs verringern? Oder war es doch so: Affen konkurrieren um Ressourcen, deshalb platzieren sich die durchsetzungsfähigeren Tiere der Gruppe in strategisch wichtigen Positionen. Oder folgte die Gruppe schlicht einem Anführer? 

Forschende der Universität Swansea untersuchten nun diese Hypothesen und fanden einen rührenden Grund für die Reihenfolge der Tiere: Anstatt sich um ihre Sicherheit zu sorgen oder ehrfürchtig einem Anführer zu folgen, geht es Pavianen schlicht darum, nah bei ihren Freunden zu sein.

Die Forschenden analysierten 78 Paraden von wild lebenden Bärenpavianen (Papio ursinus) auf der südafrikanischen Kap-Halbinsel mithilfe von hochauflösenden GPS-Trackern und veröffentlichten ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift "Behavioral Ecology": Demnach ergeben sich die Bewegungsmuster der Paviane auf natürliche Weise aus ihrer sozialen Zugehörigkeit und den Beziehungen untereinander – und nicht aus einer gezielten Strategie, um sicher oder erfolgreich zu sein. Die Forschenden bezeichnen dieses Phänomen als "Soziale Spandrille": "Spandrille" oder das englische "Spandrel" bezeichnen in der Biologie ein nicht beabsichtigtes, aber eben nicht unwillkommenes Nebenprodukt der Evolution. 

Soziale Bindung sorgt für langes Leben und Fortpflanzungserfolg

"Überraschenderweise geht es bei den von uns untersuchten Pavianen weder darum, Gefahren zu vermeiden, wie es bei Beutetieren der Fall ist, wenn sie sich in der Mitte ihrer sozialen Gruppe positionieren, noch darum, einen besseren Zugang zu Nahrung oder Wasser zu erhalten, wie wir es bei den Bewegungen von Steppenzebras beobachten", sagt Studienautor Andrew King in einer Mitteilung der Universität. "Stattdessen werden sie von ihren sozialen Bindungen angetrieben. Sie bewegen sich einfach mit ihren Freunden, und das führt zu einer konsistenten Ordnung." 

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Eine kleine Rolle spielt der soziale Status aber doch: Die ranghöheren, sozial stärker eingebundenen Tiere waren in den untersuchten Gruppen eher in der Mitte zu finden, während die rangniedrigeren Paviane voraus oder hinterherliefen. Allerdings wusste die Gruppe in diesen Fällen bereits, wohin die Reise geht, etwa zu einem Schlafplatz. Die Position in der Gruppe war daher nicht von Bedeutung; die vorderen Tiere führten die Gruppe nicht an, sie gingen schlicht voraus. 

"Wir wissen, dass starke soziale Bindungen für Paviane wichtig sind – sie sind mit einem längeren Leben und einem größeren Fortpflanzungserfolg verbunden", sagt Hauptautor Marco Fele in der Mitteilung der Universität. "In diesem Zusammenhang dienen diese Bindungen jedoch keinem bestimmten Zweck. Die von uns beobachtete Reiseordnung ist einfach ein Nebenprodukt dieser Beziehungen und keine Strategie mit unmittelbarem Nutzen. Unsere Studie unterstreicht das Potenzial dieser Art von Spandrillen im kollektiven Verhalten von Tieren."