Sie fühlen, denken, träumen – und machen offenbar auch Musik: Forschende berichten im Fachjournal "Current Biology", dass afrikanische Schimpansen brettartige Wurzeln großer Bäume nutzen, um mit Händen und Füßen auf ihnen zu trommeln. Und das keineswegs zufällig.
Für die Studie sammelten die Forschenden Daten aus 24 Jahren und elf Gemeinschaften im Westen und im Osten Afrikas. "Es hat Jahre, manchmal Jahrzehnte gedauert, bis viele Teams von Wissenschafter*innen an jedem Schimpansenforschungsstandort dieses Trommeln gesammelt hatten", sagt Cat Hobaiter von der schottischen Universität St. Andrews, Co-Seniorautorin der Studie. Insgesamt steckten in dem Datensatz weit über hundert Jahre Arbeit.
Dass Schimpansen trommeln – und sogar individuelle Trommelstile entwickeln –, war zwar schon aus einer früheren Studie bekannt. Unklar war bislang jedoch, ob sie rhythmisch trommeln, so wie es für die menschliche Musik typisch ist. Das Ergebnis der aktuellen Studie: Sie tun es. Und verschiedene Unterarten haben zudem unterschiedliche musikalische Präferenzen.
Kulturelle Unterschiede beim Trommeln
So trommeln die Schimpansen im Westen des Kontinents isochron, also mit gleichmäßigen Abständen zwischen den Schlägen, vergleichbar dem Ticken einer Uhr oder dem "Beat" in der Popmusik. Bei ostafrikanischen Schimpansen dagegen wechseln sich beim Trommeln kurze und lange Intervalle ab. Zudem trommeln westafrikanische Schimpansen schneller als ihre östliche Verwandtschaft.
"Unsere Studie liefert einen Teil des Puzzles zum Verständnis der Ursprünge und der Entwicklung der Musikalität", sagt Co-Seniorautor Andrea Ravignani von der Sapienza-Universität Rom. "Die Daten deuten darauf hin, dass wir Menschen einen entscheidenden Baustein für Musik mit Schimpansen gemeinsam haben: perkussive, musikähnliche Rhythmen."
Das Trommeln ist den Forschenden zufolge über Kilometer zu hören – und dient der Kommunikation mit Artgenossen: "Schimpansen trommeln, um die anderen Mitglieder ihrer Gruppe darüber zu informieren, wo sie sich gerade befinden und was sie tun – eine Art 'Check-in' im Regenwald", sagt Vesta Eleuteri, Studienleiterin und Verhaltensbiologin an der Universität Wien in einer Presseerklärung. Über einen Kilometer hinweg ist das Trommeln durch den Wald zu hören.
Musik ist aus dem Leben wohl der meisten Menschen nicht wegzudenken – und gehört schon seit Jahrhunderttausenden zum Menschsein dazu. Doch die neue Studie zeigt: Die absichtliche Erzeugung von Rhythmus und Klang könnte älter sein als Homo sapiens. Die Forschenden vermuten, dass schon der letzte gemeinsame Vorfahr von Schimpansen und Menschen musikalisch war. Und der lebte – und trommelte möglicherweise – vor sieben bis neun Millionen Jahren.