Klimawandel Erwärmung der Ozeane vertreibt Fische aus den Küstenregionen

Thunfische unternehmen teils ausgedehnte Wanderungen, um zu fressen und sich fortzupflanzen
Thunfische unternehmen teils ausgedehnte Wanderungen, um zu fressen und sich fortzupflanzen
© Giordano Cipriani / Getty Images
Mehr als die Hälfte aller Fischbestände könnte bis 2050 in kühlere Hochseeregionen fliehen, warnen Forschende. Das stellt die internationale Fischereipolitik vor Herausforderungen

Wärmere Ozeane lassen nicht nur das Eis an den Polen schmelzen. Der Klimawandel wirkt sich auch auf die Ökosysteme im Meer aus. So könnten einer aktuellen Studie zufolge Dutzende Fischarten in kühlere Hochseegewässer abwandern. Mit gravierenden Folgen für die küstennahe Fischerei oft ärmerer Länder.

Das Forschungsteam der Universität von British Columbia in Kanada projizierte die Bewegungen von fast 350 Beständen von insgesamt 67 Spezies, die auch für die Fischerei von Bedeutung sind. Das Ergebnis: 37 Prozent der untersuchten Bestände werden bis zum Ende des Jahrzehnts aus den ausschließlichen Wirtschaftszonen der Nationen in die Hochsee abwandern. Bis zum Jahr 2050 könnten es sogar mehr als die Hälfte aller Bestände sein. Und zwar unabhängig davon, ob die Emissionen in den kommenden Jahren hoch oder niedrig angesetzt werden, wie der Hauptautor der Studie, William Cheung, in einer Presseerklärung betont. Bei mehr als der Hälfte der wandernden Bestände handelt es sich demnach um große Fischarten, darunter Thunfisch und Schnapper, die nicht am Grund, sondern in den oberen Wasserschichten leben.

"Viele Fischarten wandern in höhere Breiten (also weg vom Äquator, d. Red.), in tiefere Gewässer oder zum Beispiel entlang lokaler Strömungen und aufsteigender Wassermassen", sagt der Erstautor der Studie, Juliano Palacios Abrantes vom Institut für Ozeane und Fischerei der Universität von British Columbia.

Küstenländer könnten wichtige Einnahmen verlieren

Das hat Konsequenzen für Nationen, die auf die küstennahe Fischerei angewiesen sind. "Der Zugang zur Fischerei auf hoher See ist begrenzt", sagt Colette Wabnitz, Mitautorin der Studie. Nur eine Handvoll reicher Länder verfüge über die Ressourcen, um dort zu fischen. "Wenn die Fischbestände in diese Gebiete vordringen, könnten Insel- und Küstenstaaten wichtige Einnahmen aus ausländischen Fischereiabkommen verlieren." Zudem könnten sie mit größerer Ernährungsunsicherheit, bis hin zum Verlust der Lebensgrundlagen konfrontiert werden.

Die Reaktion auf sich verändernde Fischbestände sei eine politische Herausforderung, sagt Cheung. Die nationalen und regionalen Fischereiorganisationen müssten auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse Fischereiquoten gerecht und nachhaltig zuteilen. "Ohne proaktives Handeln könnte die Verlagerung von gebietsübergreifenden Fischbeständen die bestehenden Ungleichheiten noch verschärfen und die Bemühungen um eine nachhaltige Bewirtschaftung der Fischerei untergraben, sagt Abrantes.