Ein Lob der Vielfalt
Überall in unserem Zuhause sitzen Mikroben. Und die Hauptquelle dieser Lebensgemeinschaften sind wir selbst. Jeder von uns verteilt pro Stunde schätzungsweise 15 Millionen Mikroorganismen um sich herum. So prägen wir den Räumen einen mikrobiologischen Fingerabdruck auf, der sogar mit uns umzieht. Die New Yorker Künstlerinnen Lori Nix und Kathleen Gerber haben die unsichtbaren Keime in einer eigens für GEO gebauten Miniaturwohnung anschaulich gemacht – in knalligen Farben zwar, aber bei der Verteilung der Mikroben korrekt: Diese massieren sich an Türrahmen und Sofatisch, strömen durchs Fenster hinein und konzentrieren sich um die Bedienknöpfe von Fernsehern und auf Zeitschriften. Übrigens: Es scheint für uns Menschen gut zu sein, wenn möglichst viele verschiedene Arten der winzigen Untermieter bei uns einziehen. In artenreichen Umgebungen haben es einzelne Krankheitskeime schwerer, sich durchzusetzen.
Reichtum am Herd
Über die Küche können Krankheitskeime in unsere Nahrung gelangen – und uns Bauchschmerzen bereiten. Meist sitzen Bakterien auf Gemüse, Eiern und Fleisch. Die Gefahr lässt sich mit ordentlicher Hygiene verringern. In der Regel finden sich Krankheitserreger wie Salmonellen nur selten auf gut geputzten Arbeitsflächen und Schranktüren. Andere Mikroben aber gedeihen selbst in einer blitzblanken Küche in dichten Kolonien. Besonders groß ist die Vielfalt dort, wo nicht so häufig gereinigt wird, etwa auf dem Dunstabzug und auf der Dichtung der Kühlschranktür. Einige wenige Spezies schaffen es sogar, auf den metallischen Flächen rund um die Spüle zu überleben, etwa im Spülbecken selbst und am Wasserhahn. Das Gros der Mikroben stammt von der Haut der Benutzer. Jedes Mal, wenn sie einen Schrank anfassen oder den Herd anschalten, werden Hunderttausende Mikroorganismen übertragen. Daneben steuern Lebensmittel und das Wasser aus dem Hahn immer neue Mikroorganismen bei.
Jedes Örtchen wird besetzt
In unseren Häusern schaffen wir Lebensräume, die in der Natur nicht existieren. Und stets findet sich ein Mikroorganismus, der in den menschengemachten Nischen gedeiht. Etwa in Duschköpfen, in deren feuchtem, warmem und dunklem Milieu oft Mykobakterien siedeln. Auch auf Duschvorhängen überstehen bestimmte Mikroben die Trockenphasen, bevor sie wieder Spritzer abbekommen. Einige Arten, die hier wachsen, sind "opportunistische Pathogene": Sie können uns gesundheitliche Probleme bereiten, sobald unsere Immunabwehr geschwächt ist. Es empfiehlt sich daher, Duschvorhänge und -köpfe regelmäßig zu reinigen oder sogar auszutauschen. Die Mikroorganismen, die sich rund um die Toilette finden, sind dagegen "ein Stück von uns": Sie stammen von der Haut und aus dem Darm der Benutzer.
Die laufende Keimschleuder
Wer die mikrobiologische Vielfalt in seinem Zuhause erhöhen möchte, sollte sich einen Hund anschaffen. Im Fell des Tieres hausen zum Teil ganz andere Mikrobenspezies als auf der menschlichen Haut – und sie verteilen sich unweigerlich, auf dem Sofa, auf Kissen und selbst auf Oberflächen wie dem Fernsehbildschirm, mit denen der Vierbeiner selbst gar nicht in Kontakt kommt. Ärzte beobachten schon länger, dass Personen, die in Haushalten mit Hund leben, seltener an Allergien leiden. Der mikrobielle Reichtum, für den die Vierbeiner sorgen, könnte für dieses Gesundheits-Plus eine Erklärung sein.
Zwischen Realität und Illusion
"Ich bleibe am liebsten zu Hause und schaffe mir meine Welten selber, anstatt rauszugehen und sie zu suchen." Das sagt die New Yorker Künstlerin Lori Nix (links). Gemeinsam mit ihrer Partnerin Kathleen Gerber baut sie zu Hause im Wohnzimmer und am Küchentisch Miniatur-Dioramen mit unglaublichem Detailreichtum, fotografiert sie und kreiert so Innenansichten auf dem Grat zwischen Realität und Illusion.