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Everglades Unterwegs mit den Python-Jägern von Florida

Einmal im Jahr ziehen Hunderte Freiwillige in Floridas Sümpfe, um zu jagen. Sie sollen eine gefräßige Schlange aus dem Paradies vertreiben, die der Mensch dort eingeschleppt hat: den Dunklen Tigerpython
Tom Rahill navigiert sein Boot zu einer Insel in den Sümpfen der Everglades, er kennt die Gegend wie nur wenige Menschen. Und weiß deshalb um den Schaden, den Tigerpythons anrichten: Fast alle Waschbären, Opossums, Luchse, Kaninchen und Füchse sind in den Mägen der Schlangen verschwunden
Tom Rahill navigiert sein Boot zu einer Insel in den Sümpfen der Everglades, er kennt die Gegend wie nur wenige Menschen. Und weiß deshalb um den Schaden, den Tigerpythons anrichten: Fast alle Waschbären, Opossums, Luchse, Kaninchen und Füchse sind in den Mägen der Schlangen verschwunden
© Scott McIntyre

Die Schlange muss hier sein. Ganz sicher. Vielleicht direkt unter seinen Füßen, im weichen Boden aus toten Blättern und Halmen. Vielleicht genau neben ihm im Gestrüpp, perfekt getarnt mit ihrem Muster aus braunen Flecken auf sandfarbenem Grund, das alle Dunklen Tigerpythons tragen. Tom Rahill ächzt. Er drückt gegen das Dickicht, mit einer Kraft, die man dem kleinen, älteren Herrn nicht zugetraut hätte. Kein Pfad führt durch sein Revier: eine überwucherte Bauminsel, etwa einen Kilometer lang und hundert Meter breit, die aus der Weite der Everglades ragt. Doch dann steht Rahill auf einmal im Freien, o-beinig und mit Hut wie ein Cowboy.

Nichts ist zu hören außer dem Wind, der im Meer aus Schneidegras orgelt wie durch die Ritzen eines alten Daches. Die Pflanzen auf der Lichtung sind seltsam plattgewalzt, eine meterdicke Matratze aus umgeknicktem Farn. Unter ein paar Ästen entdeckt Rahill eine Kuhle, sie hat genau die Form eines zusammengerollten Pythons. "Das ist es. Das ist sein Zuhause", sagt Rahill. Er stößt seinen Stock tief in einen Haufen verrotteten Laubs. Stoß. Lauschen. Stoß. Lauschen. Rahill hofft auf ein Geräusch. Tigerpythons zischen. Sie zischen laut.

Zugriff: Große Schlangen kann Tom Rahill nur im Zweikampf überwinden. Er drückt ihren Körper auf den Boden und windet die Schlaufen auseinander, die das Tier um Arme und Beine legt. Dieser Python ist etwa drei Meter lang, eigentlich sucht Rahill ein "Monster": Mindestens fünfeinhalb Meter lang und 100 Kilogramm schwer
Zugriff: Große Schlangen kann Tom Rahill nur im Zweikampf überwinden. Er drückt ihren Körper auf den Boden und windet die Schlaufen auseinander, die das Tier um Arme und Beine legt. Dieser Python ist etwa drei Meter lang, eigentlich sucht Rahill ein "Monster": Mindestens fünfeinhalb Meter lang und 100 Kilogramm schwer
© Scott McIntyre

Genau hier hat Rahill vor ein paar Monaten ein Pythonnest mit 56 Eiern entdeckt. "Aber die Mutter ist uns entwischt." Rahill hat nur ihren Schwanz gesehen, dick wie ein Ast. Muss ein Riesenbiest gewesen sein. Diesmal will er die motherload aufspüren, die Mutter aller Pythons.

Sie soll ihm den Sieg bringen.

Erschienen in GEO Nr. 6 (2023)