4000 Stück pro Quadratmeter Invasion im Bodensee: Die Quagga-Muschel breitet sich rasant aus

Quagga-Muscheln wachsen auf dem Boden in einer technischen Anlage der Bodenseewasserversorgung
Quagga-Muscheln besiedeln zuhauf den Bodern einer technischen Anlage der Bodensee-Wasserversorgung. Dort musste zusätzlich Personal eingestellt werden, um die vielen Muscheln zu beseitigen
© Patrick Seeger / picture alliance
Ursprünglich war die Quagga-Muschel am Schwarzen Meer heimisch. Doch seit einigen Jahren erobert sie mehr und mehr deutsche Gewässer. Besonders am Bodensee bringt das Probleme mit sich

Deutschlandweit beobachten Fachleute mit Sorge die immer größer werdenden Bestände der eingewanderten Quagga-Muscheln (Dreissena rostriformis bugensis). Die zur Familie der Dreikantmuscheln gehörende Muschel kommt überall dort vor, wo es Schifffahrt gibt. So auch im Bodensee. Seit 2016 bevölkert die invasive Art das Binnengewässer in einem so schnellen Tempo, dass die Anrainerländer nun dringenden Handlungsbedarf sehen.

4000 Quagga-Muscheln pro Quadratmeter 

Eingeschleppt wurden die etwa vier Zentimeter langen Muscheln vor rund zehn Jahren durch Boote, an denen sie sich festgesetzt hatten. Seitdem breiten sie sich nach Angaben des Umweltportals Baden-Württemberg rapide aus. Etwa 4000 Quagga-Muscheln siedeln sich aktuellen Schätzungen zufolge pro Quadratmeter an – mit enormen Problemen für Ökosysteme und Infrastruktur.

Zum einen machen die Muscheln den Bodensee laut der Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg nährstoffärmer, was über die Nahrungskette auf die Fische durchschlägt. Zum anderen können sie den stark gefährdeten heimischen Großmuscheln die Nahrung streitig machen. 

Zum Teil verdrängen Quagga-Muscheln sogar ihre Verwandte, die Zebramuscheln (Dreissena polymorpha). "Generell scheint die Quagga-Muschel konkurrenzstärker zu sein, da ihr Auftreten meist mit einem Rückgang der Zebramuschel verbunden ist", sagt Andreas Dobler von der Koordinationsstelle für Muschelschutz der Technischen Universität München.

Zudem verstopfen die dicht an dicht sitzenden Quagga-Muscheln Rohre und Wasserleitungen, durch die Millionen Menschen am Bodensee mit Trinkwasser versorgt werden. Auch Anker und Schiffsrümpfe im Bodensee sind befallen und müssen immer wieder gereinigt werden. Die spitzen Muschelteile, die an die Strände gespült werden, sind nicht ungefährlich für Touristen und andere Badegäste. 

Natürliche Fressfeinde sollen Muschel bekämpfen 

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollen nun herausfinden, welche Möglichkeiten es gibt, die Quagga-Muschel aufzuhalten. Dafür hat die Internationale Bodensee-Konferenz (IBK) unter dem Vorsitz Baden-Württembergs eine neue Studie in Auftrag gegeben. "Sie sollen beispielsweise untersuchen, welche Fressfeinde der Quagga-Muschel uns helfen könnten und was man tun kann, um diese Fischarten zu stärken", sagte der IBK-Vorsitzende Florian Hassler gegenüber der Deutschen Presseagentur. 

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Die Hoffnungsfische im Kampf gegen die Quagga-Muschel sind karpfenartige Fische und hier besonders die Rotaugen. Sie können die Muscheln knacken, wie es von der Fischereiforschungsstelle heißt. "Aktuell sind zu wenige Muschel-fressende Fische im See", sagte Alexander Brinker, Leiter der Forschungsstelle in Langenargen. Warum das so ist und wie sich das ändern ließe, ist Teil der beginnenden Analysen.

sho / mit Material der dpa