
Ignaz Semmelweis: Gegen die Arroganz der Wissenschaft
1846 kommt der junge Arzt Ignaz Semmelweis darauf, warum auf seiner Wiener Entbindungsstation dreimal so viele Mütter sterben wie üblich: Kollegen, die sich nach Sezierungen an Leichen nicht die Hände waschen, infizieren die Frauen mit tödlichen Erregern. Dass es sich dabei um Bakterien handelt, kann Semmelweiß noch nicht wissen, sind die mikroskopisch kleinen Lebewesen der Wissenschaft doch noch unbekannt. Folglich kann er seine – goldrichtige – Theorie auch nicht beweisen. Die etablierten Ärzte verspotten ihn, sehen statt eigener Fehler kosmische Kräfte oder "Unreinheit im Bauch der Mütter" als Ursache für die hohe Sterblichkeit. Noch Jahre bleiben sie bei ihrer tödlichen Routine. Tausende Frauen hätten sie durch einfache Hygieneregeln retten können, hätten sie nur auf Semmelweis gehört. Doch stattdessen verstoßen sie den Mahner aus ihrem Kreis der vermeintlich Wissenden. Der zunehmend verzweifelte Semmelweis wird schließlich in eine Nervenheilanstalt zwangseingewiesen und stirbt dort mit 47 Jahren. Das Phänomen, dass etablierte Wissenschaftler neue Erkenntnisse, die ihre Praxis infrage stellen, häufig zunächst pauschal ablehnen, bekommt später einen eigenen Begriff: Semmelweis-Reflex.
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