Wie klang die Stimme des vor knapp 540 Jahren gefallenen englischen Königs Richard III.? Zehn Jahre hat ein Team aus engagierten Richard-Anhängern und Experten unter Beteiligung der Liverpooler John-Moores-Universität damit verbracht, den letzten Herrscher aus dem Haus Plantagenet zum Sprechen zu bringen. Oder zumindest seinen Avatar.
Erst im August 2012 waren die sterblichen Überreste des Königs unter einem Parkplatz in der mittelenglischen Stadt Leicester gefunden worden. Genau an dieser Stelle hatte einst eine Franziskanerkirche gestanden, wo der 32-jährige Richard nach seinem Tod in der Schlacht von Borsworth bestattet worden war. Mit seinem Tod endete die Epoche der "Rosenkriege".
Das Projekt "A voice for Richard", initiiert von Yvonne Morley-Chisholm, die als Stimm- und Dialektcoach arbeitet, hatte sich zum Ziel gesetzt, die Stimme des Königs wieder erklingen zu lassen. Historiker, Hals-Nasen-Ohren-Spezialisten, Experten für Gesichtsrekonstruktion sowie Zahnmediziner beteiligten sich an dem Projekt. Sie vermaßen den Schädel Richards und untersuchten Resonanzräume, um auf seine Aussprache und die Klangfarbe seiner Stimme zu schließen.
Für die korrekte Aussprache des Mittelenglischen war ein Linguist zuständig, der Richard außerdem einen deutlichen Yorkshire-Akzent zuschrieb. Dort, im Norden Englands, hatte der König einen großen Teil seines Lebens verbracht. Ein "u" wird dort etwa zu einem langen "ooo", das "a" kurz und weich gesprochen.
In dem Video rezitiert Richards Avatar eine Rede, die der König im September 1483 zur Krönung seines Sohnes Edward zum Prince of Wales gehalten hat. Dass er dabei höflich und sanft klingt, ist kein Zufall: Schon seit Jahren haben es sich Anhänger des viel geschmähten Königs zum Ziel gesetzt, seinen schlechten Ruf zu korrigieren.
Dabei müssen sie allerdings gegen einen wirkmächtigen Gegner anarbeiten: Denn nicht zuletzt William Shakespeare hatte Richard III. in seinem gleichnamigen Drama als hinterhältigen Barbaren dargestellt, dessen berühmtesten (fiktiven) Ausspruch fast jeder kennt. "Mein Königreich für ein Pferd!" steht bis heute für Richards feigen Versuch, aus seiner letzten Schlacht zu entkommen, nachdem sein eigenes Pferd verendet war.