ISS Ihre Zukunft ist ungewiss: Die Internationale Raumstation wird 25 Jahre alt

Dieses undatierte Bild der russischen Weltraumorganisation Roscosmos zeigt die Internationale Raumstation ISS. Sieben Männer und Frauen aus den USA, Dänemark, Japan und Russland sind derzeit an Bord 
Dieses undatierte Bild der russischen Weltraumorganisation Roscosmos zeigt die Internationale Raumstation ISS. Sieben Männer und Frauen aus den USA, Dänemark, Japan und Russland sind derzeit an Bord 
© Roscosmos State Space Corporation via AP/dpa
Im November 1998 wurde das erste Modul der Internationalen Raumstation ISS ins All geschossen. Ein Vierteljahrhundert später ist die Stimmung getrübt: Die Bauteile sind veraltet, der russische Angriffskrieg erschwert die Zusammenarbeit. Wie geht es weiter für die ISS? 

Totgesagt wurde die ISS schon vielfach, aber noch umkreist der Außenposten der Menschheit weiter in rund 400 Kilometern Entfernung 16 Mal pro Tag die Erde. Sieben Männer und Frauen aus den USA, Dänemark, Japan und Russland sind derzeit an Bord der Internationalen Raumstation und feiern dort ein Jubiläum: Vor genau 25 Jahren, am 20. November 1998, wurde das erste russische Modul "Sarja" ("Morgenröte") ins All geschossen.

Das Vierteljahrhundert im Erdorbit hat Spuren hinterlassen. "Zweifellos ist nichts für die Ewigkeit", sagt der Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Juri Borissow. "Die Station wird alt." Rund 80 Prozent der russischen Ausrüstung hätten heute ihre "garantierte Höchstlebensdauer" erreicht. Im Januar 1998 war in Washington das Abkommen über den Bau der Anlage unterzeichnet worden – als Nachfolger der sowjetischen Raumstation "Mir".

Inzwischen ist die ISS so etwa so groß wie ein Fußballfeld 

Zuvor hatte am 25. Januar 1984 der damalige US-Präsident Ronald Reagan die US-Raumfahrtagentur Nasa mit der Entwicklung einer bemannten Raumstation beauftragt. Die Nasa holte über die Jahre unter anderem die Raumfahrtagenturen Kanadas, Japans und Europas mit an Bord – und mit dem Ende der Sowjetunion dann auch die russische, ein Völkerverständigungs-Projekt nach dem Ende des Kalten Krieges.

Seither ist die ISS immer weiter gewachsen. Inzwischen ist sie etwa so groß wie ein Fußballfeld, eine Art 450 Tonnen schweres Haus mit sechs Schlafzimmern, zwei Badezimmern, einem Fitnessstudio und einem Panorama-Fenster. Dazu ist sie technisch vielfältig ausgerüstet, die meisten Bauteile stammen aus den USA und Russland.

Großputz im Weltraum: Der deutsche Astronaut Alexander Gerst wischt die Instrumente der ISS mit weißen Tüchern sauber. Das Foto wurde von der Esa im Sommer 2018 veröffentlicht 
Großputz im Weltraum: Der deutsche Astronaut Alexander Gerst wischt die Instrumente der ISS mit weißen Tüchern sauber. Das Foto wurde von der Esa im Sommer 2018 veröffentlicht 
© ESA/Alexander Gerst/dpa

Der deutsche Astronaut Alexander Gerst, der bereits zweimal zu Gast war, nannte die ISS die "komplexeste, wertvollste und unwahrscheinlichste Maschine, die die Menschheit jemals gebaut hat". Die Gesamtkosten liegen längst weit über 100 Milliarden Dollar. Seit dem Jahr 2000 forschen ohne Unterbrechung Raumfahrer und Raumfahrerinnen in diesem Weltraumlabor. 

Als bislang letzter Deutscher war Matthias Maurer von 2021 bis 2022 dort. Dieser sieht die ISS auch 25 Jahre nach ihrem Baustart als Friedensprojekt. "Definitiv. Wenn man von dort auf die Erde schaut, fragt man sich: Was könnten wir wohl erreichen, wenn wir dort unten so gut zusammenarbeiten könnten wie hier oben?", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

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Immer wieder schauten auch einzelne Touristen vorbei, einmal sogar ein russisches Filmteam. Am längsten am Stück waren mit 371 Tagen bislang der US-Astronaut Frank Rubio und die beiden russischen Kosmonauten Sergej Prokopjew und Dmitri Petelin an Bord der ISS, im September kamen sie zurück.

Der Blick in den Weltraum und auf die Erde ist spektakulär, wie die unzähligen an Bord gemachten Fotos zeigen. Gemütlich ist es auf der ISS jedoch nicht. Bei voller Besetzung gibt es kaum Privatsphäre, die Mahlzeiten kommen aus der Tüte, das Waschen ist mühselig. Bisweilen ist auch mal ein Klo defekt.

Ex-Bewohner berichteten zudem von Gerüchen und Geräuschen, die das Leben an Bord der ISS nicht immer angenehm machen. Viel Arbeitszeit müssen die Raumfahrer für die Wartung von Geräten und zum Putzen aufwenden. Mindestens zwei Stunden am Tag trainieren die Bewohner im Fitnessstudio, um Muskeln und Knochen in der Schwerelosigkeit intakt zu halten.

Die ISS ist eines der wenigen Projekte, für das Russland und die USA noch zusammenarbeiten

Die Feierlaune hält sich zum 25. Jubiläum der ISS in Grenzen:  Auch, weil es keine einfachen Zeiten für die Wohngemeinschaft im All sind. Trotz Wartung, Renovierung und Nachrüstung ist die Technik der ISS – entworfen hauptsächlich in den 80er Jahren – längst nicht mehr auf dem allerneuesten Stand. Immer wieder gibt es Berichte über Schäden, Fehler, Lecks und andere Probleme.

Zudem macht die derzeitige weltpolitische Lage den Betrieb der ISS nicht gerade einfacher. Die ISS ist eines der wenigen Objekte, bei denen US-Amerikaner und Russen nach Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar 2022 noch zusammenarbeiten. Russland beklagt sich vor allem über die Sanktionen der USA und der EU im Zuge des Überfalls auf die Ukraine. Die Europäische Weltraumorganisation Esa stieg aus gemeinsamen Projekten mit Roskosmos aus.

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Die Raumfahrtbehörden der USA und Russlands sowie auch die Raumfahrer und Raumfahrerinnen betonen immer wieder, die Zusammenarbeit laufe nach wie vor gut. Weiter gibt es zudem gemeinsame Flüge zur ISS, mit russischen "Sojus"-Kapseln und dem US-amerikanischen "Dragon" der Firma SpaceX von Elon Musk. Der von Boeing entworfene "Starliner" verzögert sich hingegen wegen technischer Probleme weiter.

Etwa bis 2028 könnte die ISS noch gemeinsam betrieben werden, darüber gibt es weitgehendes Einvernehmen, danach könnte sie kontrolliert in den Pazifik stürzen. Bestrebungen nach einer Privatisierung und Kommerzialisierung der Station waren bisher nicht so fruchtbar wie erhofft. Unterdessen haben zahlreiche Länder, darunter auch die USA und Russland selbst, neue eigene Raumstationen angekündigt. China hat seine schon in Betrieb.

Russland spricht immer wieder über den Bau einer eigenen neuen Station. Dafür sollen bis 2032 laut Roskomos-Chef Borissow rund 609 Milliarden Rubel (6,28 Milliarden Euro) ausgegeben werden. Dabei arbeitet Russland unter anderem eng mit China und Indien zusammen. Beginnen soll der Bau der "Russischen Orbitalstation" mit dem Start des ersten Moduls frühestens 2027. Geplant sei unter anderem ein 3D-Drucker, sagt Hauptkonstrukteur Wladimir Koschewnikow. Damit sollen Ausrüstungsgegenstände und Interieur direkt im All "gedruckt" werden.

Christina Horsten und Ulf Mauder

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