Im Takt bleiben
Damit die Astronauten im Weltraum ihr Zeitgefühl nicht verlieren, hält sich ihr strikt getakteter Stundenplan an den irdischen 24-Stunden-Rhythmus. „Nachts“ nutzen viele der Raumfahrer Schlafmasken oder schnallen sich in ihren Schlafsäcken fest - denn ruhig zu schlafen ist gar nicht einfach: Vor allem kurz vor dem Einschlafen sehen sie mit geschlossenen Augen oft kleine Blitze von kosmischen Strahlungsteilchen, die auf die Netzhaut treffen. Nach dem „Aufstehen“ können die Astronauten sich mit Feuchttüchern waschen - und während des Zähneputzens den ein oder anderen Salto zum Wachwerden schlagen.
Essen ist fertig!
Zum Frühstück, Mittag- und Abendessen findet die Crew sich zusammen: Die Zeit reiner Tuben- und Pasten-Verpflegung ist längst vorbei. Dutzende Gerichte stehen zur Auswahl: vor allem verschweißte, gefriergetrocknete Mahlzeiten. Vieles wird kurz im Elektroofen erwärmt, in andere wird heißes Wasser injiziert. Nur Krümel gilt es – soweit es geht – zu vermeiden; sie könnten die Bordelektronik beschädigen. Darum löffeln die Raumfahrer ihre Mahlzeiten aus der Dose oder aus Beuteln und trinken mit Strohhalmen. Wer dem Kollegen eine Freude machen möchte, lässt ihm einen frisch aufgebrühten, im Beutel verschlossenen Cappuccino zuschweben.
Die Wochencontainer enthalten Hauptgerichte und Beilagen, Vorspeisen, Frühstück und Snacks. Für mehr Abwechslung darf jeder Raumfahrer sich zudem ein paar Essenscontainer ordern, für die er den Inhalt bestimmen kann. Alexander Gerst etwa hat sich unter anderem Käsespätzle, Maultaschen sowie Ofenschlupfer mit Zwetschgen bestellt. In der Regel allerdings muss die Crew ihre angebrochenen Essencontainer erst einmal leeren, bevor sie den nächsten öffnet. Die beliebten Gerichte sind dann schnell weg, und am Ende der Woche warten die Reste.
Nachschub, bitte!
Unbemannte Raumfrachter bringen regelmäßig neue Vorräte, Kleidung und Material für Experimente zur ISS. Ihre Ankunft ist für die Astronauten ein wenig wie Weihnachten. Als sich bei einer früheren ISS-Mission ein Transporter einmal verspätete, mussten die Crew ihr Essen streng rationieren, auf 1700 Kalorien pro Tag und Person.
Fitness-Zentrum
Wer schwebt, verliert: Der Körper ist nicht so gefordert wie auf der Erde, und baut daher Muskel- und Knochenmasse ab. Um dem entgegenzuwirken, trainieren die Astronauten fast jeden Tag mehr als zwei Stunden lang auf speziellen Laufbändern, Ergometern und Kraftgeräten. Zu einem davon, dem „ARED“ („Advanced Resistive Exercise Device“), entwickeln die meisten eine besondere Hassliebe: Das Gurtgeschirr, das beim Laufen die Schwerkraft ersetzen soll, schneidet in den Rücken und auf die Zugkraft der Hanteln müssen die Sportler ihr irdisches Körpergewicht nochmals draufschlagen. Damit kommt Alexander Gerst auf beinahe 200 Kilogramm, die er täglich stemmen muss.
Faulenzen aber ist keine Option. Denn das regelmäßige Training wird den Raumfahrern bei der Rückkehr helfen und kann ihnen bei einer schwierigen Landung sogar das Leben retten. Außerdem will man herausfinden, wie sich künftige Astronauten für noch längere Reisen im Weltall wappnen müssten – zum Beispiel für eine Reise zum Mars.
Eine Ausnahme von der Regelmäßigkeit allerdings gab es für Alexander Gerst während seiner ersten Mission auf der ISS doch: Am Sonntag ließ er das Training ausfallen und trainierte im Rest der Woche dafür besonders hart. Mit Erfolg: Am Ende der Mission hatte er sogar mehr Muskelmasse als noch beim Start - und fühlte sich „fitter als je zuvor“.
Freizeit?
Und wie verbringt man den Feierabend im All? Alexander Gerst etwa will die Zeit an den Wochenenden und „abends“ wie schon bei der ersten Mission dafür nutzen, Schülerexperimente durchzuführen und Filme davon zur Erde zu schicken, mit Schulklassen Funkkontakt aufzunehmen, mit Freunden und seiner Familie zu telefonieren. Und so oft wie nur möglich wird er auch wieder im Aussichtsmodul der Station sitzen und durch die Panoramafenster die Erde fotografieren. „Die Cupola ist meine Lieblingsplatz auf der ISS“, sagt er.