Neue These Das Weltall könnte "bald" wieder schrumpfen

Galaxienhaufen ACO S 295: Das All mit seinen geschätzt 100 Milliarden Galaxien könnten "in Kürze" wieder in sich zusammenfallen  © ESA/Hubble & NASA, F. Pacaud, D. Coe; CC BY 4.0
Galaxienhaufen ACO S 295: Das All mit seinen geschätzt 100 Milliarden Galaxien könnten "in Kürze" wieder in sich zusammenfallen
© ESA/Hubble & NASA, F. Pacaud, D. Coe; CC BY 4.0
Das Weltall dehnt sich mit wachsender Geschwindigkeit aus – dachte man bislang. Nun widerspricht ein Forschungsteam: Schon in kosmologisch kurzer Zeit könnte es wieder anfangen, in sich zusammenzufallen

Das Weltall könnte schon bald aufhören, sich rasant auszudehnen, und nach einer Bremsphase zu schrumpfen beginnen - bis alle Energie und Materie wieder auf kleinem Raum vereinigt sind wie beim Urknall. Das Überraschende an dem Szenario, das ein Team um den US-amerikanischen Physiker Paul Steinhardt jetzt im Fachblatt PNAS veröffentlicht hat, ist die kurze Frist bis zur Kehrtwende des Universums: womöglich nur knapp 65 Millionen Jahre, "weniger, als seit dem Einschlag des Asteroiden Chicxulub vergangen sind, der den Dinosauriern den Tod brachte", wie die Forschenden schreiben. Aus kosmologischer Perspektive ist das ein Wimpernschlag.  

In den 1990er Jahren entdeckten Kosmologen, dass das Universum anders als ursprünglich vermutet immer schneller expandiert. Als Ursache dahinter gilt eine mysteriöse Kraft, die Dunkle Energie, die rund 70 Prozent des Energiegehalts des Kosmos ausmacht und den Raum auseinandertreibt. Steinhardt entwarf bereits vor einiger Zeit eine Theorie, nach der die Dunkle Energie nicht konstant ist, sondern sich verändert, mal stärker, mal schwächer wird und sogar ins Negative wechseln kann, also anziehend wirkt.

Schrumpfung des Alls würde mindestens eine Milliarde Jahre dauern

In der aktuellen Studie haben die Forschenden ein Modell entworfen, das die Entwicklung der Dunklen Energie in den vergangenen 14 Milliarden seit Beginn des Universums beschreibt. Und diese Entwicklung haben sie in die Zukunft fortgeschrieben. Nach dem womöglich nahen Ende der beschleunigten Ausdehnung würde es aber noch mindestens eine Milliarde Jahre dauern, bis die Welt wieder zusammengeschrumpft wäre.

Die größten Schwarzen Löcher (hier eine Simulation) ziehen derart gewaltige Mengen von Materie aus dem Kosmos an, dass die sich in einer rotierenden Scheibe und einer extrem heißen Zone, der Korona (Bildmitte) verdichtet

Astronomie Im Sog der Unendlichkeit: Wie Schwarze Löcher die Gesetze der Physik außer Kraft setzen

Schwarze Löcher sprengen die Vorstellungskraft: An der Grenze dieser bizarren Himmelsphänomene bleibt die Zeit quasi stehen, der Raum verbiegt sich ins Absurde. Und in ihrem Inneren gelten die Gesetze der herkömmlichen Physik nicht mehr. Doch Forschende hoffen, dass sich durch ihre Beobachtung fundamentale Einsichten über den Anbeginn des Kosmos gewinnen lassen

Die neuen Ergebnisse passen Steinhardt gut ins Konzept: Denn er favorisiert schon länger ein zyklisches Weltbild, in dem das Universum in einem endlosen Reigen entsteht, sich ausdehnt, sich wieder zusammenzieht und erneut expandiert.  

Dumm ist nur, dass Kosmologinnen und Astrophysiker am Himmel noch nicht erkennen können, ob die Dunkle Energie vielleicht schon schwächelt.  Uns bleibt nur, geduldig zu warten – und uns an den fantasievollen Szenarien der Forscher und Forscherinnen zu erfreuen.