Der am häufigsten vorgebrachte Einwand zu den Apollo-Fernsehbildern ist, dass die auf dem Mond aufgestellten Flaggen sich im Wind zu bewegen scheinen, obwohl dort ohne Atmosphäre eben auch kein Wind wehen kann. Was sollte die Flaggen also in Bewegung versetzen?
Diese Frage ist eigentlich falsch gestellt, denn das Einsetzen des senkrechten Halterohrs in den zuvor in den Boden gehämmerten Fuß war schwerlich möglich, ohne die Flagge in Bewegung zu versetzen. Auf den Aufnahmen ist teilweise zu erkennen, wie die Astronauten sich bemühen, die schwingenden Flaggen mit der Hand zur Ruhe zu bringen, was mit den Handschuhen der Raumanzüge nicht einfach ist. Physikalisch interessant ist also die Frage, was eine einmal schwingende Flagge auf der Erde bei Windstille zum Stillstand bringt und was sich daran auf dem Mond ändert.
Wie lange schwingen Flaggen auf der Erde?
Um die Energie einer Schwingung zu absorbieren, braucht man einen sogenannten dissipativen Prozess, der diese Energie in eine in der Regel ungeordnetere Energieform, letztlich in Wärme, umwandelt. In Frage kommen hierfür mechanische Reibung im Stoff, Reibung im Flaggenmast, auf den sich die Bewegung der Flagge übertragen könnte, oder der Luftwiderstand. Bei den Flaggen handelte es sich um gewöhnliche bedruckte Nylonfahnen von 1,50 Metern Länge, wie sie damals in jedem amerikanischen Kaufhaus für wenige Dollar zu erwerben waren. Befestigt waren sie an einem senkrechten Aluminiumrohr und einer oberen Querstrebe.

Die am einfachsten abzuschätzende Reibungskraft ist der Luftwiderstand auf der Erde, für den gängige Formeln eine halbwegs sinnvolle Größenordnung liefern.
Nimmt man als Modell für den nicht von der Querstrebe stabilisierten unteren Teil des Stoffs eine gerade Fläche von 0,7 Quadratmetern an, die sich in einer halben Sekunde um 15 Zentimeter durch die Luft bewegt, dann errechnet sich dafür ein Luftwiderstand von ca. 0,04 Newton entsprechend der Gewichtskraft einer Masse von vier Gramm. Da eineinhalb Quadratmeter handelsüblicher Fahnenstoff eine Masse von nur rund 200 Gramm haben, ist leicht ersichtlich, dass eine solche Bremskraft allein ausreichen sollte, um die Schwingung in wenigen Sekunden abzubremsen. Das Traggestänge hat trotz leichter Aluminiumbauweise eine Masse von mehr als vier Kilogramm und schwingt selbst mit einer wesentlich höheren Resonanzfrequenz.
Das macht die Energieübertragung von der Flagge auf das Gestänge relativ ineffizient, so dass die Flagge auf diesem Weg mit Sicherheit nur wenig abgebremst wird. Wie gering die Bremswirkung durch Reibung im Stoff ist, erkennt man daran, wie leicht sich der Stoff unter seinem eigenen Gewicht biegt. Selbst diese relativ geringe Kraft ist zum größten Teil elastisch: Biegt sich der Stoff wieder gerade, dann wird die für die Verformung benötigte Energie wieder abgegeben. Dieser Teil des Widerstands im Stoff bremst also die Schwingung nicht nennenswert ab.
Flaggen schwingen auf dem Mond langsamer und länger
Auf der Erde wird eine schwingende Fahne somit zum allergrößten Teil durch den Luftwiderstand abgebremst. Eine Fahne auf dem Mond wird dagegen, einmal angestoßen, um ein Vielfaches länger und wegen der geringeren Schwerkraft auch langsamer herumschwingen, bis sie schließlich zum Stillstand kommt. Das Schwingen der Flaggen auf dem Mond, das auf den Apollo- Fernsehbildern zu sehen ist, ist also vollkommen normal und unter solchen Umständen genau in dieser Form zu erwarten.