Die schroffen Badlands im Süden der kanadischen Provinz Alberta sind bekannt für ihre spektakuläre und karge Landschaft - und berühmt für ihren Reichtum an Fossilien und Dinosaurierknochen. Nun stellen Paläontologen einen besonderen Fund im Dinosaur Provincial Park vor: Dort entdeckten sie mehr als 100 gut erhaltene Fußabdrücke von mindestens vier unterschiedlichen Arten von Dinosauriern: Dazu zählen mächtige gehörnte Pflanzenfresser wie vermutlich Styracosaurus albertensis und zwei große fleischfressende Tyrannosaurier.
Das Besondere an den Spuren ist ihre räumliche Anordnung. Die Fußabdrücke der Pflanzenfresser liegen ungewöhnlich eng beieinander. Möglicherweise hätten sich hier vor 76 Millionen Jahren verschiedene Dinosaurierarten zu gemischten Herden zusammenschlossen, vermutet das Team um Phil Bell von der australischen University of New England im Fachblatt "PLOS One".

Auf einer Fläche von etwa 29 Quadratmetern fanden die Forschenden Spuren von mindestens fünf Ceratopsiden – Pflanzenfresser mit großen Hörnern, Nackenschilden und kurzen breiten Zehen. Die teils über 70 Zentimeter langen Abdrücke stammen vermutlich von der Art Styracosaurus albertensis. Zudem gibt es weitere 67 Zentimeter lange Spuren, die möglicherweise von einem – ebenfalls pflanzenfressenden – gepanzerten Ankylosaurier herrühren. Weitere Fährten stammen von einem kleinen fleischfressenden Dino und von den beiden Tyrannosauriern.
Artübergreifende Herden bieten verschiedene Vorteile
Die meisten Spuren verlaufen in dieselbe Richtung, sehen ähnlich aus und sind gleichmäßig verteilt. Vermutlich seien die Pflanzenfresser gemeinsam als Herde über eine feuchte, schlammige Fläche gewandert und hätten dabei ihre Abdrücke in der nassen Oberfläche hinterlassen.
"Obwohl es unmöglich ist, den genauen Entstehungszeitpunkt der verschiedenen Fährten zu bestimmen, deuten mehrere Indizien auf ein gewisses Maß an Synchronität und damit auf ein Gruppen- oder Herdenverhalten der Ceratopsiden hin", schreibt das Team um Bell. Die Spuren des vermuteten Ankylosauriers passen gut ins Bild. Vermutlich zogen Ceratopsiden und Ankylosaurier gemeinsam als Herde durch die Landschaft – ähnlich, wie es heute Gnus und Zebras in Afrika tun.
Solch ein Verhalten biete verschiedene Vorteile, erklärt das Team: "Die Wahrscheinlichkeit eines Raubtierangriffes ist geringer und die Verteidigung in einer Gruppe leichter." Außerdem hätten verschiedene Arten unterschiedlich ausgeprägte Sinneswahrnehmungen, die einander ergänzten. Feinde könnten so schneller entdeckt werden.
Die Tyrannosaurier schienen die Herde im Visier zu haben
Solche Feinde könnten die beiden Tyrannosaurier gewesen sein, von denen die Paläontologen drei etwa 45 Zentimeter lange Abdrücke fanden. "Die Tyrannosaurier vermitteln den Eindruck, dass sie die Herde im Visier hatten", erläutert Bell. "Aber ob sie sich damals wirklich über den Weg liefen, können wir nicht mit Gewissheit sagen."
Dennoch werfe der Hinweis auf artenübergreifende Herden ein neues Licht auf das Sozialverhalten von Dinosauriern. Ob sich die Herdenstruktur ganzjährig hielt oder nur während bestimmter Jahreszeiten wie etwa während der Regenzeit, ist offen.
Dass die Paläontologen in dem Gebiet im Sommer 2024 überhaupt auf Fußspuren stießen, war eine Überraschung. Denn steile Hänge und hohe Erosionsraten in dem Gebiet führen dazu, dass flache Sedimentoberflächen – die für die Bildung und Erhaltung von Spuren nötig sind – selten lange erhalten bleiben.