Besuche ich die Eltern, oder fahre ich mit meinen Freunden an die See? Kaufe ich mir ein neues Rennrad, oder lege ich mein Geld lieber auf die Seite? Beende ich eine Freundschaft, oder halte ich an ihr fest? Wenn es um die kleinen und großen Entscheidungen des Lebens geht, fühlen wir uns nicht selten wie hin- und hergerissen. Widerstreitende Gefühle und Stimmen lähmen dann unseren Geist – und führen mitunter dazu, dass wir uns gar nicht festlegen.
Dabei ist permanentes Grübeln vermutlich die schlechteste aller Varianten, mit einem inneren Konflikt umzugehen, weiß die Forschung. Denn wer auch nach ausführlichem Abwägen weiterhin ratlos ist, kann leicht immer tiefer in einen Zwiespalt mit sich selbst geraten, begleitet von Gefühlen der Ohnmacht und Handlungsunfähigkeit.
Hauptsache, man entscheidet sich überhaupt
Nicht zufällig raten Psychologinnen und Coaches: Oft ist es besser, sich zu entscheiden als sich nicht zu entscheiden. Selbst wenn das angesichts des Hin und Her zunächst unmöglich erscheint. Denn in der Praxis zeigt sich: Menschen können mit selbst getroffenen Entscheidungen häufig besser leben als im Vorhinein angenommen – ganz gleich, wie diese letztlich aussehen. Eine Entscheidung aktiviert, führt zu Handlungen, allein das fühlt sich gut an.
Auch haben wir von Natur aus ein Talent darin, unser Tun zu rationalisieren. Bedeutet: Was wir auch machen – vor dem inneren Auge lassen wir das eigene Verhalten im Nachhinein in der Regel als plausibel, gerechtfertigt und erwünscht erscheinen, mag es auch noch so sehr von unbewussten Motiven gelenkt sein.
All das spricht dafür, Entscheidungen nicht zu lange hinauszuzögern. Doch wie kann das gelingen? Gerade wenn ein alltäglicher innerer Konflikt rasch gelöst werden soll, kann es helfen, den Blick vor allem auf die Zukunft zu richten. Zu überlegen, wohin die eigene Entscheidung führen wird – und ob dies dem Leben entspricht, das man langfristig führen möchte.
Die Konsequenz einer Entscheidung sollte maßgeblich sein

Die Coachin Suzy Welch aus den USA hat diese Aufgabe auf die griffige Formel "10-10-10" reduziert: Wie wird mein Leben in zehn Minuten, zehn Monaten und zehn Jahren aussehen, wenn ich mich für eine Option oder gegen eine Option entscheide? Für einen neuen Job in eine fremde Stadt zu ziehen, wird in zehn Minuten aufregend klingen, in 10 Monaten womöglich hart sein, weil das Einleben in der Fremde nicht so schnell geht, in 10 Jahren aber könnte es sich als die beste Entscheidung des Lebens herausstellen.
Vorteil dieser Methode: Sie zwingt uns, darüber nachzudenken, welche Konsequenzen einer Entscheidung für uns jeweils die wichtigsten sind – die kurz-, mittel- oder langfristigen. Wer dazu neigt, eher impulsiv, aus dem Bauch zu reagieren, lernt, mehr über die längerfristigen Folgen einer Entscheidung nachzudenken. Zögerliche Menschen, die oft auch bei kleinsten Alltagsentscheidungen nicht weiterwissen, erkennen dagegen, dass sie deren langfristige Bedeutung oft überschätzen.
Milde mit sich walten lassen
Natürlich wird auch diese Strategie nicht dazu führen, der inneren Zerrissenheit immer Herr zu werden. Doch wenn sie einen Anstoß gibt, die eine oder andere Grübelei zu beenden, ist aus Sicht von Expertinnen und Experten bereits viel gewonnen. Ansonsten gilt: Wissen wir wieder einmal nicht weiter, sollten wir uns dafür nicht automatisch verurteilen.
Vielmehr, so die Empfehlung, sollten wir uns darin üben, nachsichtig mit uns selbst zu bleiben. Uns gestatten, hin und wieder verwirrt, innerlich uneins, ratlos zu sein. Denn erst in der Akzeptanz und der Freundlichkeit gegenüber sich selbst liegt laut Psychologinnen und Psychologen das Potenzial einer Lösung.