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"Möglicherweise krebserregend" Fragen und Antworten: Wie gefährlich ist Aspartam wirklich?

Aspartam kann unter Umständen Krebs auslösen - dürfte in den üblichen konsumierten Mengen aber kein Problem darstellen. Foto: He
Aspartam kann unter Umständen Krebs auslösen - dürfte in den üblichen konsumierten Mengen aber kein Problem darstellen. Foto
© Hendrik Schmidt/dpa
Der Süßstoff wird in vielen Getränken und Speisen verwendet. Die internationale Krebsagentur kommt zu dem Ergebnis, dass er womöglich das Krebsrisiko erhöhen kann. Die WHO gibt jedoch Entwarnung

Erhöht der Süßstoff Aspartam in Diät-Cola oder Kaugummi das Risiko, an Krebs zu erkranken? Diese Frage beschäftigt Forschende bereits seit Jahrzehnten. Zwei internationale Gremien haben die Datenlage überprüft und am 13. Juli gemeinsam ihre Ergebnisse veröffentlicht.

Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) stuft den Süßstoff ab sofort als "möglicherweise krebserregend" ein. Gleichzeitig beschwichtigt die Fachkomission für Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA) der Weltgesundheitsorganisation: Wer die geltenden Empfehlungen für Höchstmengen am Tag nicht überschreite, setze sich keiner höheren Krebsgefahr aus.

Was ist Aspartam?

Aspartam ist ein synthetisch hergestellter kalorienarmer Süßstoff. Er ist laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) etwa 200 Mal süßer als Zucker. Aspartam ist seit vielen Jahren für den menschlichen Verzehr zugelassen, etwa als Tafelsüßstoff oder in Lebensmitteln wie Erfrischungsgetränken, Kaugummi, Joghurt, Eis, Senf, Soßen, sowie in Zahnpasta, Hustensaft und manchen Vitamintabletten. Der Süßstoff muss auf dem Etikett angegeben sein, entweder mit Namen oder seiner E-Nummer (E951). Welche Mengen ein Produkt enthält, erfahren Konsumenten in der Regel nicht.

Im Körper wird Aspartam schnell in drei Stoffwechselprodukte aufgespalten: Phenylalanin, Asparaginsäure and Methanol. Alle drei bilden sich auch beim Verzehr anderer Lebensmittel.

Was bedeutet die Einstufung der IARC?

Die IARC beurteilt, ob eine Substanz generell bei Menschen Krebs verursachen könnte. Sie unterteilt untersuchte Stoffe in drei Kategorien: "möglicherweise krebserregend", "wahrscheinlich krebserregend" und "krebserregend". In die Kategorie "krebserregend" fällt etwa verarbeitetes Fleisch.

Aspartam wurde erstmals untersucht und landete in der Kategorie "möglicherweise krebserregend", in die auch 320 andere Substanzen fallen. Die IARC berücksichtigt aber nicht, wie viel ein Mensch zu sich nehmen müsste, um sein Krankheitsrisiko zu erhöhen. Deshalb ist es möglich, dass ein Stoff zwar als möglicherweise krebserzeugend eingestuft ist, die Menge, die ein Mensch üblicherweise etwa über Lebensmittel aufnimmt, aber so gering ist, dass das Risiko als vernachlässigbar gilt. Genau dies ist bei Aspartam der Fall.

Die IARC selbst betont, dass für ihre Entscheidung nur "limited evidence", also begrenzte Belege, existieren. Sie verweist auf drei Studien an Menschen, die auf ein erhöhtes Risiko für eine bestimmte Art von Leberkrebs hindeuten. Auch in Ergebnissen aus Tierversuchen und Experimenten zu möglichen Wirkmechanismen sahen die Fachleute lediglich "begrenzte Belege" für einen Zusammenhang zwischen Aspartam und Krebs.

Die Aspartam-Mengen, die in Tierversuchen zu einem erhöhten Krebsrisiko führten, seien für den menschlichen Verzehr "so gar nicht üblich beziehungsweise unverhältnismäßig hoch", sagt  DGE-Sprecherin Antje Gahl. Daher könne man daraus keine direkten Hinweise für den Menschen ableiten.

Jürgen König, Leiter des Departments für Ernährungswissenschaften an der Universität Wien, kritisiert gegenüber dem Science Media Center: "Die IARC sieht im Konsum von künstlich gesüßten Getränken einen Näherungswert für die Aufnahme an Aspartam." Dafür gebe es seiner Ansicht nach keine Evidenz. Zwar enthalten gerade Diät-Softdrinks häufig Aspartam. "In vielen Altersgruppen sind aber andere Lebensmittelgruppen die Hauptlieferanten."

Was sagt die WHO?

Sie macht anders als die IARC eine Risikoanalyse und berücksichtigt die konsumierte Menge. Sie hält die Studien, die die IARC heranzog, für nicht eindeutig genug. In ihrer eigenen Bewertung hält sie an der bisherigen Tageshöchstdosis fest: "Ein konsistenter Zusammenhang zwischen Aspartamkonsum und einer bestimmten Krebsart ließ sich nicht nachweisen."

Vor allem die unsichere Datengrundlage der verfügbaren Forschungsarbeiten sehen die Fachleute als Schwäche. Denn wieviel Aspartam Studienteilnehmer*innen im Alltag tatsächlich konsumieren, lässt sich nur schätzen. Auch "umgekehrte Kausalität, Zufall sowie Verzerrung durch sozioökonomische Faktoren, Lebensstil oder den Verzehr anderer Nahrungsbestandteile konnten nicht vollständig ausgeschlossen werden."

Wie viel Aspartam sollten Menschen täglich höchstens zu sich nehmen?

Die akzeptable Aufnahmemenge pro Tag (ADI) liegt laut europäischer Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und WHO bei 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Diese Menge kann ein ganzes Leben lang ohne Bedenken eingenommen werden. Um diesen Wert zu erreichen, müsste eine 70 Kilogramm schwere Person am Tag beispielsweise 9 bis 14 Dosen herkömmlicher Größe mit stark aspartamhaltigem Diät-Getränk trinken, rechnet die WHO vor.

Allerdings sind die Mengen Süßstoff je nach Getränk und Hersteller unterschiedlich. Coca-Cola Schweiz berichtete 2020, dass "Coca-Cola zero" und "Coca-Cola light" dort etwa 130 Milligramm Aspartam pro Liter enthielten. Davon könnte ein 70-Kilogramm-Mensch theoretisch mehr als 20 Liter täglich trinken, ehe er an die empfohlene Höchstmenge stößt - allerdings nur, wenn er keine anderen Lebensmittel mit Aspartam zu sich nimmt.

Sollte man Lebensmittel mit Aspartam künftig meiden?

Die WHO beruhigt: Dafür bestehe kein Anlass, solange man unter den täglichen Höchstmengen bleibe. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) äußert keine Bedenken - und weist darauf hin, dass Aspartam eines der am besten untersuchten und von internationalen Expertengremien wiederholt bewerteten Süßungsmittel ist. Gleichwohl rät die WHO generell, sowohl Zucker als auch Süßstoffe zu reduzieren. Besser sei es, etwa mit Obst zu süßen.

Sind Süßungsmittel gesünder als konventioneller Zucker?

Um Karies zu verhindern, sind Süßungsmittel nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) eine gute Alternative zu Zucker. Schlank machten sie per se nicht. Die WHO riet im Mai offiziell davon ab, zuckerfreie Süßstoffe zur Gewichtskontrolle einzusetzen. Das helfe höchstens kurzfristig, um abzunehmen oder nicht weiter zuzunehmen. Zu zuckerfreien Süßstoffen zählt die WHO alle synthetischen und natürlichen Süßstoffe, auch Produkte aus der Pflanze Stevia.

nos dpa

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