Mobilitätswende Gefährlicher Smog in Kathmandu: Nepal setzt nun auf Elektrofahrzeuge

  • von Philip Barnstorf
Ein elektrischer Bus wartet auf Passagiere in Kathmandu. Wenn es der Stadt gelingt, den Smog zu reduzieren, könnten ihre Bewohner laut einer Studie durchschnittlich bis zu 2,6 Jahre länger leben. 
Ein elektrischer Bus wartet auf Passagiere in Kathmandu. Wenn es der Stadt gelingt, den Smog zu reduzieren, könnten ihre Bewohner laut einer Studie durchschnittlich bis zu 2,6 Jahre länger leben. 
© Niranjan Shrestha / picture alliance
Kathmandus Bewohner leider massiv unter der schlechten Luft. Die Regierung sorgt deshalb für mehr elektrische Autos und Busse, und kann schon jetzt auf weltweit einzigartige Zahlen verweisen

An Tagen mit klarer Sicht können die Bewohner Kathmandus den Himalaya sehen. Aber solche Tage werden seltener, denn Nepals Hauptstadt verschwindet immer öfter in einer braun-gelben Smogwolke. Städter fahren dann nicht mehr Fahrrad, weil sie Hustenanfälle fürchten. Forschende schätzen, dass die Luftverschmutzung landesweit 19 Prozent aller Todesfälle verursacht. Manchmal können am nahen Flughafen keine Maschinen mehr landen, was dem Tourismus nachweislich schadet. 

Der Smog entsteht beispielsweise in Ziegelbrennereien und weil nach wie vor viele Menschen ihren Müll verbrennen. Rund ein Viertel der schädlichen Partikel dringt allerdings aus Auspuffen der Fahrzeuge, die sich durch den dichten Verkehr der 800.000-Einwohner-Stadt mühen. Die nepalesische Regierung hat sich deshalb ambitionierte Ziele gesetzt: 2030 sollen 90 Prozent aller verkauften privaten Fahrzeuge und 70 Prozent der öffentlichen Busse elektrisch angetrieben werden. 

Nur wenige Nepalesen können sich E-Autos leisten

Um das zu erreichen, haben die Behörden die Einfuhrsteuer auf Fahrzeuge mit Elektromotor massiv gesenkt. Das Ergebnis: Im vergangenen Jahr waren 70 Prozent der eingeführten Autos Stromer, einer der höchsten Werte weltweit. Die meisten Nepalesinnen und Nepalesen können sich allerdings kein Auto leisten. Obwohl viele Wagen von relativ günstigen Herstellern in China und Indien stammen, besitzen nur etwa drei Prozent der Bevölkerung ein Auto.

Smog in Kathmandu. Die Stadt liegt in einem Tal. Deswegen kann die schlechte Luft kaum entweichen
Smog in Kathmandu. Die Stadt liegt in einem Tal. Deswegen kann die schlechte Luft kaum entweichen
© Boy Anupong / Getty Images

Die große Mehrheit der Menschen nutzt stattdessen öffentliche Verkehrsmittel wie Busse oder Vans. In diesem Segment waren zuletzt immerhin schon 30 Prozent der verkauften Fahrzeuge elektrisch, aber der in Kathmandu lebende Umweltaktivist Bushan Tuladhar sieht dennoch Probleme. "Trotz niedriger Einfuhrsteuern sind elektrische Busse immer noch teuer. Die Regierung sollte die Unternehmen beim Kauf finanziell unterstützen", sagt der Umweltingenieur, der unter anderem die Weltbank berät. Außerdem bräuchte es mehr Ladesäulen. Und schließlich müssten auch die in Nepal beliebten Motorräder ersetzt werden durch elektrische Alternativen, die es bisher auf dem Markt kaum gibt. 

Sauberer Strom aus dem Himalaya

Der Strom für die wachsende E-Autoflotte in Kathmandu ist jetzt schon fast grün. Das Land produziert nämlich 99 Prozent seines Stroms in Wasserkraftwerken an den Flüssen des Himalaya – und erzielt so während der Regenzeiten sogar Überschüsse, die exportiert werden. Nur in der Trockenzeit muss das Land Strom etwa aus indischen Kohlekraftwerken einkaufen. Insgesamt sorgt die Eigenproduktion dafür, dass Strom in Nepal günstig ist – im Gegensatz zu den schwankenden Spritpreisen.  

Schließlich geht es Nepal mit seiner E-Auto-Offensive aber nicht nur um saubere Luft: Der Klimawandel ist für wenige Länder so bedrohlich wie für den Gebirgsstaat mit seinen knapp 30 Millionen Einwohnern. Weil die Gletscher des Himalaya schmelzen, drohen Überflutungen. Extreme Unwetter erschweren den Ackerbau, der gut zwei Dritteln der Nepalesinnen und Nepalesen ein Auskommen bietet. Die böse, tragische Pointe der Geschichte: Der durchschnittliche CO2-Fußabdruck eines Nepalesen liegt bei gerade einer halben Tonne pro Jahr. Der eines Deutschen bei mehr als zehn Tonnen.