Frau Bossanne, in "Huttopia" versteckt sich "Utopia", die Insel der Glückseligen aus einem Roman von Thomas Morus. Wie sieht Ihr persönliches Utopia aus? Eine Wiese in der Natur, an einer Wasserquelle. Der Wind raschelt in den Bäumen. Vogelgezwitscher weckt mich, ich frühstücke in der Morgensonne.
Kann man sich so auch "Huttopia" vorstellen? Fast (lacht). Ursprünglich hatte ich tatsächlich die Vision vom einsamen Zelt auf der Waldlichtung. Aber da hätten mir doch die warme Dusche und der Kaffee am Morgen ziemlich gefehlt. Deshalb wurde es ein Mix aus Camping und Komfort: kleine Dörfer aus Zelten und Holzhütten, umgeben von Natur. Aber eben mit bequemen Matratzen, Swimmingpools, Restaurants, die Holzofenpizza servieren, und dem für meine Landsleute größten Luxus: abends auf der Terrasse ein gutes Glas Wein trinken zu können.
Heute nennt man das "Glamping", Glamour und Camping. Ein Trend. Total! Wir haben "Huttopia" vor 22 Jahren gegründet, als es fast nur parzellierte Wohnmobilplätze gab, auf denen man sich übereinanderstapelte. Die Alternative, das Wildcamping, war damals wie heute in vielen Ländern eine Grauzone oder verboten. Eine Mischung sollte her, und so bauten mein Mann und ich erste "Glampingplätze" in Frankreich. Den Begriff gab es damals noch gar nicht. Mittlerweile sind daraus 50 Plätze in Europa und Nordamerika geworden.
Wen trifft man beim Glamping? Alle, die sich nach Natur sehnen. Die abschalten wollen. Damit man auch wirklich Ruhe bei uns findet, dürfen keine Autos fahren, auch WLAN gibt es nicht. Glamping ist vor allem auch für Familien der Hit. Kinder toben im Wald, spielen am Bach, finden sofort neue Freunde. Man trifft bei uns aber auch Cluburlauber, denen ihr Hotel zu langweilig geworden ist, und Camper, denen das Zeltdach sozusagen auf den Kopf fiel.

Auf einer Skala von 1 (wie Camping mit dünner Isomatte) bis 10 (wie Grandhotel): wo liegt Glamping? "Huttopia" ist näher am Camping, also bei vier. Glamping insgesamt aber wird immer teurer und luxuriöser. Viele Plätze erinnern mich schon eher an 5-Sterne-Hotels.
Welche Trends beobachten Sie noch? Neue Arten von Glamping-Unterkünften ploppen auf: Tiny Houses, Iglus, Baumhäuser, Bauwagen, sogar Erdhöhlen. Und: Alle wollen mitmischen! Hotels, die bislang nur klassische Zimmer vermietet haben, errichten Glamping-Hütten oder -Zelte in ihren Gärten, manche sogar auf ihren Dächern, um die steigende Nachfrage abzufangen. Das ist attraktiv, denn zur Glamping-Unterkunft bekommen Gäste hier den kompletten Hotel-Service. Mir ist das zu weit weg vom Ursprungsgedanken: der Naturnähe. Für viele klassische Glampingplätze ist Nachhaltigkeit zur Zeit ein Thema.
Dörfer in die Natur bauen, Tausende Anreisen pro Jahr – geht das wirklich mit Nachhaltigkeit zusammen? Jein. Es ist eine riesige Herausforderung. Wir gehen kleine Schritte, um "grüner" zu werden, versuchen etwa, immer mehr auf Solarenergie zu setzen. Welche Plätze schon nachhaltiger als andere sind, können Gäste am "EU Ecolabel" oder dem französischen "Station Verte" erkennen.
Im Sommer eröffnen Sie den ersten Platz in China. Marokko und die Dominikanische Republik sollen folgen. Glamping geht um die Welt …Das Bedürfnis nach Natur ist international, aber die regionalen Ansprüche sind verschieden: In China gehört Camping nicht zur Kultur, viele kennen es überhaupt nicht. Wir haben echt gegrübelt, was ein Glampingplatz dort "können" muss. Statt Fichten und Tannen umringt das Dorf in Deqing ein Bambuswald. Neben französischen Croques und Crêpes ser‑vieren wir Teespezialitäten aus Zhejiang, der Provinz, in der unser Camp liegt. Nur die Einrichtung soll ganz ihren "French Touch" behalten – auch, wenn sie in China hergestellt wird.
Welches Glamping-Erlebnis der vergangenen 22 Jahre ist Ihnen besonders im Kopf geblieben? Die Begegnung mit einem Bären auf unserem Platz in Albany, USA. Ich bin nicht direkt vor Schreck umgefallen, trotzdem hat mir das vor Augen geführt, wie naturnah Glamping doch ist (lacht). Wie gesagt: Es ist auch ein Abenteuer!