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Feministische Stadtplanung Wie Wien weiblicher und grüner wurde. Und warum alle etwas davon haben

Moderne Städte lassen sich besser planen: weiblicher, umweltbewusster, lebenswerter. In Wien hat eine Vorreiterin den Weg dafür geebnet
Public Moves, ein öffentliches Tanzformat des Tanzfestivals Impulstanz am Vorplatz des Museumsquartiers in Wien
Stadtvergnügen für alle: Gratistanzen vor dem Museumsquartier
© Fabian Weiss für GEO

Das Werk der Ingenieurin ist leicht zu übersehen. Am Reumannplatz zwischen "Eissalon Tichy", Amalienbad und Dönerbuden zeigt Eva Kail, wie Wien fast unbemerkt weiblicher wird. Mit einem Eisbecher in der Hand deutet sie auf entscheidende Details: "Da, der Platz vor dem Amalienbad: keine Büsche mehr! Wo sich niemand verbergen kann, haben Frauen nachts weniger Angst." Minitrampoline am Rand: Kinder können von einem zum nächsten hopsen, "wegbegleitendes Spiel", sagt Kail, "versüßt Kindern das Zufußgehen. Das hilft den Müttern!" Die Bänke mit Rückenlehnen – "brauchen Ältere"– und der Pausenraum der Busfahrer in der Platzmitte: "Sozialkontrolle macht den Platz sicherer." 

Früher blieb an diesem Ort im alten Arbeiterbezirk Favoriten niemand länger als nötig, Männergruppen dominierten den Platz. Heute radeln Kinder zwischen Pampasgras herum, ein Pärchen plaudert auf der Bank, eine indische Meditationscombo versucht, Zuschauer anzulocken.

Drei Frauen laufen vor Schriftzug "Frauen bauen Stadt"
Im gerade entstehenden Wiener Stadtteil Seestadt Aspern fühlen sich auch Frauen wohl. Alle Wege sind gut beleuchtet und kurz. Zu Ärzten, Schulen, Läden, Haltestellen sind es keine 1000 Meter. Der Badesee mit seinem Holzweg liegt in der Mitte
© Fabian Weiss für GEO

Schlechte Stadtplanung kann man sehen, sagt Eva Kail, gute Planung nehme man kaum wahr, "aber alle spüren, dass sie sich auf dem Platz wohler fühlen". Mit ihren Plänen sei sie eher so "auf der Hundstrümmerl-Ebene" unterwegs, sagt Kail: in den Niederungen des Alltäglichen. Aber genau solche Kleinigkeiten haben Wien im großen Stil verändert, menschlicher gemacht. Denn von der Stadt der Frauen, an der Eva Kail 30 Jahre mitgeplant hat, profitieren fast alle, die hier wohnen, Frauen, Männer, Kinder.

Erscheint in GEO 11/2024