Unterschätzte Gefahr Vulkanausbruch vor Tonga löste Unterwasserlawine aus - und zerstörte Unterseekabel

Die Aschewolke beim Ausbruch des Untersee-Vulkans Hunga-Tonga-Hunga-Ha'apai im vergangenen Januar war Fachleuten zufolge mit 57 Kilometern die höchste jemals in der Neuzeit gemessene
Die Aschewolke beim Ausbruch des Untersee-Vulkans Hunga-Tonga-Hunga-Ha'apai im vergangenen Januar war Fachleuten zufolge mit 57 Kilometern die höchste jemals in der Neuzeit gemessene
© picture alliance / ZUMAPRESS.com | Tonga Geological Services
Als Anfang vergangenen Jahres ein Vulkan im Südpazifik ausbricht, steigt eine gigantische Wolke aus Asche und Gas in den Himmel. Doch auch unter Wasser hinterlässt das Ereignis eine Spur der Verwüstung, zeigen Forschende jetzt - mit gravierenden Folgen

Der massive Vulkanausbruch von Tonga Anfang vergangenen Jahres hat im Meer eine Art enorme Sedimentlawine ausgelöst. Sie fräste zum Teil tiefe Gräben in den Ozeanboden und zerstörte wichtige Unterseekabel, wie ein internationales Forschungsteam im Fachblatt "Science" schreibt. Den Erkenntnissen zufolge kommen solche Ereignisse öfter vor - wenn auch unbemerkt. Sie seien eine Gefahr für Unterwasser-Infrastruktur wie Kabel.

Der Untersee-Vulkan Hunga-Tonga-Hunga-Ha'apai war Mitte Januar 2022 im südpazifischen Inselstaat Tonga ausgebrochen. Die kolossale Eruption löste Tsunami-Wellen aus, die selbst in Japan, Alaska und Südamerika noch an die Küsten schwappten. Die Aschewolke war Fachleuten zufolge mit 57 Kilometern die höchste jemals in der Neuzeit gemessene. Das Königreich Tonga mit 107 000 Einwohnern war mit einer dicken Ascheschicht bedeckt, die auch das Trinkwasser verschmutzte. Der Hunga-Tonga-Hunga-Ha’apai liegt nur 65 Kilometer nördlich von Tongas Hauptstadt Nuku'alofa unter der Meeresoberfläche.

Bei dem Ausbruch wurde nicht nur eine gigantische Wolke aus Asche und Gas kilometerweit in die Höhe geschleudert: Gewaltige Mengen Gestein gelangten direkt ins Meer. Sie rutschten die steilen Hänge des Unterwasservulkans hinunter und rauschten dann wie eine Lawine als sogenannter turbulenter Strom über den Meeresboden, wie die Forscher um Michael Clare und Isobel Yeo vom britischen National Oceanography Centre in Southampton schreiben. Auch Forschende vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel waren an der Studie beteiligt.

Kommunikation tagelang unterbrochen

Die Sedimentlawine zerstörte auf dem Meeresgrund zwei zur Telekommunikation eingesetzte Unterseekabel auf einer Front von jeweils mehr als 80 Kilometern. Mit Hilfe des zeitlichen Abstands zwischen der Eruption und dem zeitversetzten Ausfall beider Kabel konnten die Forscher berechnen, dass die unterseeische Lawine bis zu 122 Kilometern pro Stunde schnell über den Meeresboden fegte. Das Material legte mehr als 100 Kilometer zurück. Dabei hinterließ die Sedimentlawine der Studie zufolge zum Teil mehr als 100 Meter tiefe Gräben an den unterseeischen Hängen des Vulkans.

Die Forscher gehen davon aus, dass ähnliche Formationen an anderen Unterwasservulkanen ebenfalls von solchen extremen Lawinen stammen. "Die Gefahren, die am Hunga-Vulkan offensichtlich wurden, können auch anderswo auftreten", schreiben sie.

Nach dem Ausbruch gab es tagelang kaum Informationen aus dem polynesischen Inselstaat, der 2300 Kilometer nordöstlich von Neuseeland liegt. Die Forscher betonen, wie wichtig solche Kabel sind: "Durch Unterseekabel fließt mehr als 99 Prozent allen internationalen Datenverkehrs, einschließlich dem Internet und Billionen Dollar am Tag durch Finanztransaktionen."

Die Ergebnisse der Forschenden zeigten, dass große unterseeische Vulkanausbrüche eine unterschätzte Gefahr seien, heißt es in einem separaten "Science"-Kommentar. Es brauche mehr Forschung, um diese Gefahren besser einschätzen zu können.

dpa

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