Gefährlicher Feinstaub Todesursache Rauch: Forschende warnen vor Millionen Toten durch Waldbrände

Waldbrand verwüstet Causse de sauveterre. Montuejols, Aveyron, Cevennen, Frankreich, Europa
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Feinstaub weltweit der Umweltfaktor, der die größte Bedrohung für die menschliche Gesundheit darstellt
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Der Rauch von Bränden schadet der Gesundheit. Im Zuge des Klimawandels könnte die Zahl darauf zurückgehender Todesfälle stark steigen, warnen Forschende

Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte sich die Zahl der Menschen, die aufgrund von Feinstaub im Rauch von Flächenbränden sterben, enorm erhöhen. Für den Zeitraum 2095 bis 2099 errechneten Wissenschaftler eine Zahl von jährlich etwa 1,4 Millionen darauf zurückgehenden Todesfällen weltweit bei mäßigem Treibhausgasausstoß. In einer weiteren Studie schätzten Forscher, dass allein in den USA die Zahl der jährlichen Toten durch Waldbrandrauch bis 2050 auf über 70.000 steigen könnte. Die Studien einer Gruppe um Qiang Zhang von der Tsinghua University in Peking (China) und eines Teams um Marshall Burke von der Stanford University (Kalifornien, USA) sind im Fachmagazin "Nature" erschienen.

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In den vergangenen Jahren gab es in vielen Ländern immer wieder große Flächenbrände, vor allem in Wäldern. Brände in Kalifornien, Kanada und im europäischen Mittelmeerraum machten Schlagzeilen. Ein Zusammenhang mit dem Klimawandel wurde bereits vielfach nachgewiesen, weshalb Experten davon ausgehen, dass es beim Fortschreiten des Klimawandels mehr Flächenbrände geben wird. Zhang und Kollegen verweisen auf aktuelle Studien, denen zufolge höhere Temperaturen und geringere Bodenfeuchtigkeit aufgrund längerer Trockenperioden die Waldbrandgefahr erhöhen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Feinstaub weltweit der Umweltfaktor, der die größte Bedrohung für die menschliche Gesundheit darstellt.

Die Gruppe um Zhang trainierte ihr Modell mit Daten zu bisherigen Brandflächen. Zudem wurden von Klimamodellen vorhersagte Änderungen beim Klima und bei der Vegetation in den verschiedenen Weltregionen berücksichtigt. Verglichen wurde der Zeitraum 2010 bis 2014 (vorliegende Daten) mit dem Zeitraum 2095 bis 2099 (prognostizierte Daten). Demnach steigt die Menge an Kohlenstoff, die jährlich durch Flächenbrände in die Luft gelangt, von etwa 2 Milliarden Tonnen im ersten auf 2,4 Milliarden Tonnen im zweiten Zeitraum, und zwar bei einem Szenario mit mäßigem Treibhausgasausstoß (SSP2-4.5). Bei höheren Emissionen (SSP5-8.5) kämen 3 Milliarden Tonnen Kohlenstoff pro Jahr zusammen.

Weltweit 1,4 Millionen Todesfälle

Den Modellrechnungen zufolge könnten zum Ende des Jahrhunderts weltweit 1,4 Millionen Menschen pro Jahr wegen des Feinstaubs im Rauch von Flächenbränden sterben, fast sechsmal so viele wie heute. Das gilt bei mäßigen Treibhausgasemissionen, bei höheren könnten es 2,19 Millionen sein. Dabei werden Europa und die USA maximal eine Verdopplung der Todesfälle erleben, während es in Afrika 11- bis 17-mal so viele Tote sein werden. Dies hat weniger mit einem starken Anstieg der Flächenbrände zu tun als vielmehr mit der erwarteten Alterung der afrikanischen Bevölkerung - bei älteren Menschen führt Feinstaub deutlich häufiger zu schweren Erkrankungen.

Für die USA gehen Burke und sein Team aktuell von gut 41.000 Todesfällen aus, die jährlich durch Feinstaub aus Flächenbränden verursacht werden (statistische Übersterblichkeit). Bei der Berechnung setzten die Forschenden als Annahme ein, dass Feinstaub aus einem Waldbrand bis zu drei Jahre nach dem Ereignis einen Tod verursachen kann. Die jährliche Übersterblichkeit könne bei einem Szenario mit hohen Treibhausgasemissionen (SSP3-7.0) um 73 Prozent auf mehr als 71.000 Todesfälle um das Jahr 2050 steigen. Für den Zeitraum 2026 bis 2055 könnte sich die Zahl auf 1,9 Millionen summieren.

Bei der Auswertung auf der Basis von Countys stellten die Forscher zudem fest, dass es künftig in den USA wohl keinen Ort mehr geben wird, der nicht vom Rauch von Flächenbränden betroffen sein wird - weil die Rauchfahnen viele Kilometer weit ins Land ziehen können. "Wir betrachten in dieser Studie ein spezifisches gesundheitliches Ergebnis - die Sterblichkeit - und stellen leider fest, dass die Belastung durch den Rauch in den gesamten USA geteilt wird." Die Leidtragenden dieser Entwicklung seien vor allem Schwangere, Kinder, Asthmatiker und andere schwer erkrankte Menschen. Den jährlichen ökonomischen Verlust durch das vorzeitige Sterben beziffern Burke und Kollegen auf 608 Milliarden US-Dollar um das Jahr 2050.

Stefan Parsch