Eigentlich sollten die kleinen Nachtfalter mit den auffällig gefleckten Flügeln eine leichte Beute für Fledermäuse sein. Denn auf ihren nächtlichen Raubzügen stoßen die fliegenden Insektenfresser Ultraschallschreie aus. Diese für uns unhörbaren Laute werden vom Körper der Bärenspinner reflektiert, was die Fledertiere registrieren. So machen die Insekten ihre Todfeinde auf sich aufmerksam.
Aber dennoch laufen die meisten Attacken der Fledermäuse ins Leere. Denn im Laufe der Evolution haben die Bärenspinner einen einzigartigen Verteidigungsmechanismus hervorgebracht. Sie verfügen über hochfeine Hörorgane, die sich auf die Frequenz der Fledermausrufe spezialisiert haben und die Schreie präzise aufzunehmen vermögen.
Daher können die Falter im rechten Moment eine trickreiche Gegenmaßnahme einleiten: Mithilfe spezieller Muskeln lassen sie winzige elastische Membranen vibrieren, die sich in der Mitte ihres Körpers befinden, und stoßen dadurch selbst eine rasche Folge kurzer Ultraschalltöne aus. Es ist ein regelrechtes Störfeuer aus Klicklauten, das die Echo-Ortung der Fledermäuse irritiert: Die können die Position des Nachtfalters nun offenbar nicht mehr genau bestimmen — und verpassen ihn meist um eine Handbreit.
Wettrüsten zwischen zwei Spezies
Indem der Bärenspinner das Navigationssystem seines Feindes durcheinanderbringt, gewinnt er genügend Zeit, um sich in aller Ruhe aus der Gefahrensituation zu bewegen. Zum Beispiel mit einem eleganten Wendemanöver.
Ein derartiges Wettrüsten zwischen zwei Spezies nennen Forscher "Koevolution": Als die Fledermäuse vor Jahrmillionen die Echo-Ortung entwickelten, drängte dies die Nachtfalter in die Defensive. Und nur eine passende Verteidigungswaffe — der ultrahohe Gegenschrei — sicherte ihr Überleben.