Überwinterung Erdhörnchen im Winterschlaf – so kommen sie monatelang ohne Wasser aus

Erdhörnchen schlafend
Erdhörnchen fallen für sechs bis acht Monate in den Winterschlaf
©  Gracheva lab
Erdhörnchen und viele andere Tiere trinken während ihres Winterschlafs nichts. Warum macht sie der Durst nicht verrückt?

Einige Tiere können im Winter monatelang schlafen, ohne einmal zu trinken. Ein US-Team hat für Erdhörnchen herausgefunden, wie das funktioniert. Demnach ist die Aktivität einiger für Durst zuständiger Hirnregionen in den Monaten des Winterschlafs stark vermindert, berichten die Forschenden im Fachjournal "Science". Zudem scheiden die Tiere kaum Urin aus.

Der Mechanismus, durch den Winterschläfer monatelang ohne Trinken überleben, sei trotz mehr als einem Jahrhundert Forschung zum Thema Winterschlaf bisher unklar geblieben, schreiben die Forscher um Erstautorin Madeleine Junkins von der Yale University School of Medicine. Die nun untersuchten Dreizehnstreifen-Hörnchen (Ictidomys tridecemlineatus) sind Allesfresser und ernähren sich unter anderem von Samen und Insekten. Vor dem Winter futtern sich die in Nordamerika lebenden Tiere eine dicke Fettschicht an.

Dann sind die Erdhörnchen nach Forscherangaben sechs bis acht Monate im Winterschlaf. In ihren Höhlen wechseln sie dabei zwischen zwei Zuständen: Die eine Phase dauert jeweils zwei bis drei Wochen und ist geprägt von Inaktivität und unterdrücktem Stoffwechsel. Dabei sinkt die Körpertemperatur auf zwei bis vier Grad. Sie wechsle sich ab mit 24- bis 48-stündigen Aufwachphasen, in der die Erdhörnchen eine Körpertemperatur von 37 Grad erreichen und sich in ihrem Bau bewegen. Einen ähnlichen Phasenwechsel haben auch andere Winterschläfer.

Die Forscher zeigten nun, dass die Erdhörnchen selbst in der Aufwachphase unempfindlich gegenüber physiologischen Durstsignalen bleiben. Die Nieren signalisieren dann zwar Wassermangel, doch die Tiere suchen nicht nach Wasser. Sie tranken früheren Studien zufolge sogar dann nichts, wenn Gelegenheit dazu bestand. 

Foto: Colourbox, Malte Joost
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Für das Durstgefühl ist unter anderem die Substanz Angiotensin II verantwortlich, die der Körper bei Wassermangel produziert. Ihre Menge sei während des Winterschlafs deutlich erhöht gewesen, schreiben die Forscher. In den Versuchen des Teams waren die Nervenzellen für Durst auch in der Lage, Angiotensin II wahrzunehmen, sie wurden aber auf andere Weise beeinträchtigt. Die Grundaktivität dieser Durstneuronen während des Winterschlafs sei erheblich reduziert. Angiotensin II habe nicht ausgereicht, um den Durst der Tiere während des Winterschlafs zu stimulieren. 

Nach ihren Angaben unterdrücken die Erdhörnchen die Aktivität der für Durst zuständigen Nerven in gut durchbluteten Hirnregionen, den sogenannten zirkumventrikulären Organen, die eine wichtige Verbindungsstelle zwischen Blutkreislauf und Gehirn sind. Dabei geht es vor allem um zwei Organe: Das Subfornikalorgan, das maßgeblich an der Regulation des Wasser- und Elektrolythaushalts beteiligt ist und eine zentrale Rolle beim Steuern des Durstgefühls hat. Ähnliches gilt für das Organum vasculosum laminae terminalis, das ebenfalls zum Auslösen des Durstgefühls beiträgt. Die Grundaktivität der Durstneuronen in diesen Organen fällt in den Monaten des Winterschlafs stark ab, wodurch physiologische Durstreize unterdrückt werden, wie die Forscher schreiben. Auf welchem Signalweg dies genau geschieht, sei noch unklar. 

Nach Angaben der Forscher wenden die Erdhörnchen eine weitere Strategie an, um Durst im Winter zu umgehen: Früheren Studien zufolge aktivieren die Tiere bereits bei unter 10 Grad Celsius Nervenzellen, die dazu beitragen, dass ihre Nieren Wasser zurückhalten. Dadurch könnten die Erdhörnchen zumindest etwas Körperwasser speichern, das sonst durch Harnausscheidung verloren ginge.

Der Mechanismus der Durstunterdrückung könnte auch bei anderen Säugetieren mit Winterschlaf aktiv sein. "Unsere Arbeit zeigt eine bemerkenswerte Fähigkeit der evolutionär konservierten Gehirnregionen, die die Flüssigkeitshomöostase bei Säugetieren steuern, das langfristige Überleben ohne Wasser zu ermöglichen", schreibt das Team in "Science".

Simone Humml