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Verhalten Geckos können sich selbst erkennen – mit der Zunge

Tokehs erkunden ihre Umwelt auch mit der Zunge. Und können zwischen ihrem eigenen und dem Geruch von Artgenossen unterscheiden
Tokehs erkunden ihre Umwelt auch mit der Zunge. Und können zwischen ihrem eigenen und dem Geruch von Artgenossen unterscheiden
© lessysebastian / Adobe Stock
Nur wenigen Tieren gesteht die Forschung bislang ein Bewusstsein von sich selbst, ein "Ich" zu. Neu im Club ist nun ein Reptil

"Das bin ich!" ist eine Erkenntnis, die bis vor wenigen Jahrzehnten ausschließlich Menschen zugeschrieben wurde. Dass auch andere, nicht-menschliche Tiere ein Ich-Bewusstsein haben können, wurde in der Verhaltensbiologie lange angezweifelt. Die Gründe für diese Exklusivität könnten im Versuchsdesign liegen, wie die Verhaltensbiologinnen Birgit Szabo und Eva Ringler von der Universität Bern in einer Studie mit Geckos zeigen.

Bislang galt vor allem der Spiegeltest als zuverlässiges Indiz dafür, dass Tiere sich selbst erkennen: Dabei wird eine Markierung an ihrem Kopf so angebracht, dass die Tiere sie nur im Spiegel erkennen können. Versuchen sie daraufhin, die Markierung zu entfernen, gilt das als sicheres Indiz dafür, dass sie klar zwischen Artgenossen und sich selbst unterscheiden können. Einen solchen Test haben bislang nur wenige Tiere zuverlässig bestanden, darunter Schimpansen, Delfine und Elefanten.

Nun ist allerdings der Sehsinn nicht der einzige, der Selbsterkennung ermöglicht: Viele Tiere, Wirbeltiere ebenso wie Insekten, orientieren sich in ihrer Umwelt sogar ganz überwiegend mit dem Geruchssinn. Darunter auch sozial lebende Geckos.

Die Reptilien imprägnieren sich nicht nur ihre eigene Haut und ihren Kot mit Duftstoffen und Pheromonen – beim sogenannten Züngeln, dem schnellen Herausstoßen der Zunge, unterscheiden sie Duftstoffe und Pheromone von Artgenossen, die für menschliche Nasen nicht wahrnehmbar sind.

Geckos unterscheiden mit der Zunge zwischen sich und anderen

Die beiden Forscherinnen nahmen von insgesamt 22 nachtaktiven Tokehs (Gecko gecko) Geruchsproben von der Haut und vom Kot. Die Wattestäbchen präsentierten sie je einem Gecko und zeichneten die Reaktionen auf. Auffällig war, dass die Tiere immer dann intensiv auf dem Boden züngelten, nachdem sie an einem Tupfer den Duft eines – nicht sichtbaren – Artgenossen erkannt hatten. Die Forscherinnen erklären das so: Die Geckos vergleichen ihren eigenen Duft (der überall im Terrarium verteilt ist) mit dem des unsichtbaren Artgenossen.

Wurde ihnen dagegen auf einem Tupfer der eigene Körpergeruch präsentiert, unterließen sie das Züngeln auf dem Boden; denn der Geruch war ja schon bekannt. Für die Forscherinnen ist dieses Verhalten ein deutlicher Hinweis darauf, dass den Geckos der Unterschied zwischen "ich selbst" und "ein anderer" klar ist. Auch ohne Spiegel.

Zwar mahnen die Autorinnen selbst zur Vorsicht bei der Interpretation ihrer Ergebnisse. Doch ihre Studie liefere zumindest Beweise für eine chemische Selbsterkennung. Weitere Forschung könne höhere soziale und kognitive Fähigkeiten bei Reptilien nachweisen, als ihnen bislang zugeschrieben wurden. Darunter auch ein Selbst- oder Ich-Bewusstsein. Denn das sei im Tierreich "wahrscheinlich weit verbreitet".

Vielleicht, so mutmaßen die Autorinnen, stapfte sogar schon der gemeinsame Vorfahr heutiger Reptilien mit einem Ich-Bewusstsein durch den Schlamm der Urzeit.

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