Braucht man wirklich eine Kloschüssel?
Habe gerade eine sechsstündige rumpelige Busfahrt hinter mir. Owei! Treffe mich morgen mit Leuten, die mir - vielleicht - Daten für meine Arbeit besorgen können. Danach werde ich mit Annette außerplanmäßig nach Intag fahren, einer Region im Norden des Landes, die stark vom Tagebau bedroht ist. "GEO schützt den Regenwald" hat dort das zweite Ecuadorprojekt. Also statt in Tena in der Nase zu bohren, gurke ich lieber ein wenig durchs Land und lerne dessen Leute kennen. Am Mittwoch werde ich dann wieder in Tena sein, wo ich inzwischen eine Unterkunft bei einem der Kallaris (Carlos) gefunden habe. Diese Unterkunft ist durchaus gewöhnungsbedürftig für einen europäischen Großstädter. Es gibt kein richtiges Bad und die Toilette besitzt keine Spülung (man spült mit Eimern aus dem Regenauffangbehälter). Das Fenster meines Zimmers ist eigentlich gar keines, denn es befinden sich keine Glasscheiben darin. Also schlafe ich unter meinem Mosquitonetz in meinem Schlafsack. Bei Carlos bin ich aber sehr sehr freundlich aufgenommen worden und wohne dort noch mit einem Franzosen zusammen, der dort auch Asyl bekommen hat.

TÜV ist hier ein Fremdwort
Gestern waren wir zusammen mit dem Chef der Kallaris in einigen Communities um dort Kakao einzusammeln. Dabei ging natürlich die obligatorische Schale Chicha herum, aus der man selbstverständlich trinken muss. Chicha ist ein Gebräu aus der Maniokknolle, der sauer vergoren ist ... ich finde, das sagt schon alles ... lecker! Ich habe seitdem etwas Angst um meine Verdauung. Man muss aber trinken, sonst wird man schief von der Seite angeguckt. Ebenfalls ging eine Flasche veinticinco ("fünfundzwanzig") herum, bzw. ein Plastikbecher gefüllt mit diesem Gesöff. Sein Name kommt daher, dass ein voller Becher davon 25 Cent kostet. Es ist extrem hochprozentig und nicht besonders lecker, aber es desinfiziert. Zu guter Letzt waren wir an einer Stelle am Fluss Jatunyacu, wo eine handbetriebene Seilbahn herüberführt. Es ist eine Art Wagen, der mit eigener Muskelkraft über den Fluss gezogen werden muss.
Ich schlug eine Einladung zu diesem Abenteuer aus, was sich später als weise Entscheidung herausstellte. Denn als der Wagen an der Mitte des Flusses angekommen war, blieb dieser stecken. Also musste geruckelt und gezuckelt werden. Auf einmal kam Panik auf. Einer der Passagiere hatte sich dabei eine Fingerkuppe abgeschnitten, die in den Fluten versank. Sie schafften es nach ca. 5 Minuten schwerster Anstrengung wieder auf unsere Seite des Flusses, wo zum Glück ein Auto stand, das den Verunglückten gleich ins Krankenhaus fuhr. Einige Stunden später sah ich ihn aber wieder lächelnd auf der Ladefläche eines Pickups sitzen ... mit einem dicken Verband um den Finger.
