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Umweltgifte Rätselhaftes Lachssterben: Autoreifen vergiften ganze Fischpopulationen

Silberlachse
Immer wieder kommt es im Nordwesten der USA zu Massensterben von Silberlachsen (Oncorhynchus kisutch)
© Troutnut / Shutterstock
Der Abrieb von Reifengummi sorgt in den USA regelmäßig für Fischsterben an der Pazifikküste. Dieser Zusammenhang wurde jetzt von US-Forschern aufgedeckt

Autoreifen sind nicht nur eine der wichtigsten Quellen für Mikroplastik in den Ozeanen. Der Gummi-Abrieb von der Straße enthält auch Stoffe, die für Meeresorganismen hochgiftig sind. Das hat jetzt ein US-amerikanisches Forscherteam nachgewiesen. Und damit auch das Rätsel um das regelmäßige Lachssterben an der Pazifikküste im Nordwesten der USA gelöst.

Konkret geht es um die Substanz 6PPD, wie die Wissenschaftler im Fachblatt Science schreiben. Der Stoff soll im Reifen dafür sorgen, dass das Gummi nicht oxidiert, also geschmeidig bleibt. Ozon zum Beispiel, das aus stickoxid-haltigen Autoabgasen entsteht, greift das Gummi an. Und 6PPD bindet das aggressive Gas.

Das Gift entsteht bei der Verbindung mit Ozon

Allerdings hat die Reaktion zu 6PPD-Chinon, wie die Substanz wissenschaftlich heißt, einen gravierenden Nachteil: Sie ist hochgiftig für Fische. Schon weniger als ein Milligramm auf einen Kubikmeter Wasser tötet die Hälfte aller Fische innerhalb von Stunden.

Die Forscher der University of Washington hatten handelsübliche Autoreifen angeschliffen und den Schleifstaub mit Wasser angesetzt. In der schwarzen Pampe fanden sie mehr als 2000 verschiedene Substanzen. Die Suche innerhalb der Gruppe der toxischen Stoffe brachte die Umwelttoxikologen schließlich auf die Spur des 6PPD. Das entfaltet seine starke Giftigkeit allerdings erst in der Verbindung mit Ozon aus der Umgebungsluft.

Mit der Entdeckung des Umweltgiftes ist nun auch geklärt, warum das massenhafte Sterben von Silberlachsen in der Küstenregion um Seattle immer nach Unwettern auftrat: Heftige Regenfälle spülen den Abrieb von den Straßen über Gräben, Bäche und Flüsse direkt und ungeklärt ins Meer – wo die Mikropartikel ihre toxische Wirkung entfalten. Immer wieder starben nach solchen Regenfällen mehr Lachse als üblich auf ihrer Wanderung vom Meer zu den Laichgründen flussaufwärts.

Auch in der Nähe von Los Angeles oder San Francisco fanden die Forscher in Wasserproben hohe Konzentrationen. Generell könne man davon ausgehen, so die Wissenschaftler, dass das Gift überall dort vorkommt, wo es viel Verkehr gibt.

Ein „Riesenproblem“

Gegenüber der Süddeutschen Zeitung kommentierte der Ökotoxikologe Jörg Öhlmann von der Goethe-Universität Frankfurt: Die neuen Erkenntnisse seien ein Beispiel dafür, wie sich als unproblematisch eingestufte Stoffe als „Riesenproblem“ herausstellen könnten. Möglicherweise seien auch in deutschen Gewässern Fischbestände betroffen.

Studienautor Edward Kolodziej von der University of Washington hofft nun auf „lachssichere“ Reifen. Und drängt darauf, dass zukünftig bei der Risikobewertung von Stoffen auch deren Umwandlungsprodukte berücksichtigt werden.

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