Müssen Menschen Werbung für Dinge ertragen, die am Ende allen schaden? Nein, sagt die niederländische Stadt Den Haag – und verbietet ab 1. Januar 2025 Straßenwerbung für Flugreisen, Kreuzfahrten, Tankstellen oder Autos mit Verbrennermotoren. Als erste Kommune weltweit macht sie damit Ernst mit einer Forderung von Bürgerinitiativen, die teils schon seit Jahren gegen klimaschädliche Werbung im öffentlichen Raum protestieren.
Zu Recht. Denn in allen Farben von Ölschlieren schillernde Werbung mit aufdringlichen Botschaften und oft unrealistischen Versprechungen ist nicht nur ein ästhetisches Problem: Die multinationalen Konzerne der fossilen Brennstoffindustrie sind, wie UN-Chef António Guterres formulierte, "Paten des Klimachaos" – und sollten schon darum mit einem generellen Werbeverbot belegt werden. Es gibt aber noch einen weiteren Grund: Werbung für klimaschädliche Produkte erzeugt im Bewusstsein der Betrachterinnen und Betrachter eine nicht zu überbrückende Diskrepanz.
Widersprüchliche Botschaften verwirren uns
Haben wir nicht eben noch gehört, dass der Ausstoß von Klimagasen wieder ein Rekordhoch erreicht hat? Dass private Flugreisen und Kreuzfahrten besonders klimaschädlich sind? Dass 2024 das erste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen sein wird, in dem die fossil angetriebene Menschheit die 1,5 Grad-Celsius-Marke knackt?
Gleichzeitig lacht uns von einem Werbeplakat ein sogenanntes Traumschiff an und verspricht uns noch exotischere Genüsse und grenzenlosen Luxus auf hoher See. Versprechen die neusten, noch agileren, noch aggressiveren SUVs rücksichtslose Selbstbehauptung auf zunehmend umkämpften Straßen. Die Botschaft ist nicht nur: "Ist völlig normal!" und "Ist gut für dich!" Sondern auch: "Musst du haben, damit du gesellschaftlich was giltst!" Aber: Wie kann etwas gleichzeitig gesellschaftlich unerwünscht und erwünscht sein?
Diese Paradoxie untergräbt den individuellen Willen und die Bereitschaft zum Klimaschutz. Sie abzumildern ist das Ziel des Den Haager Verbots. Nicht mehr und nicht weniger. Beim Tabakwerbeverbot hat das ja auch geklappt.