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Was ist die feste Fehmarnbeltquerung?
Die feste Fehmarnbeltquerung, abgekürzt auch FFBQ, ist eine kombinierte Schienen-/Straßenverbindung (vierspurig/zweigleisig) zwischen Dänemark und Deutschland – und damit das wohl größte Infrastrukturprojekt Nordeuropas. Geplant ist aktuell ein rund 20 Kilometer langer Tunnel unter der Ostsee, der die Inseln Lolland und Fehmarn verbindet und so die bisherige Fährverbindung überflüssig macht. Hinzu kommt auf deutscher Seite ein Tunnel unter dem Fehmarnsund, der die Insel Fehmarn mit dem deutschen Festland verbindet – parallel zur bestehenden Fehmarnsundbrücke. Zudem sollen sowohl die Bahnstrecke als auch die Straßenverbindung zwischen Fehmarn und Hamburg, die sogenannte Hinterlandanbindung, ausgebaut werden.
Beide Tunnel sind als so genannte Absenktunnel geplant. Sie werden also nicht gebohrt, wie etwa der Hamburger Elbtunnel. Stattdessen soll in den Ostseegrund ein Graben gebaggert werden, in den die einzelnen Tunnelelemente abgesenkt und miteinander verbunden werden.
Was bringt eine feste Fehmarnbeltquerung?
Der staatliche dänische Bauträger Femern A/S nennt mehrere Gründe für die FFBQ: Die Strecke schaffe die kürzest mögliche Direktverbindung zwischen Skandinavien und (Süd-) Europa. Die Bahnfahrt zwischen Kopenhagen und Hamburg verkürze sich von derzeit viereinhalb auf „deutlich unter drei“ Stunden, für die Autofahrer entfielen Wartezeiten und Reservierungen, von Wind und Wetter wären Reisende im Tunnel unabhängig.
Von der besseren Erreichbarkeit würden wirtschaftlich sowohl Skandinavien als auch Deutschland profitieren; auch der Tourismus rund um die neue Verbindung würde gestärkt. Das ganze Projekt fördert laut Femern A/S die Entstehung einer neuen Region am Fehmarnbelt mit insgesamt zehn Millionen Einwohnern. Während der mehrjährigen Bauzeit wären bis zu 3500 Menschen beschäftigt; 300 Arbeitsplätze würde der Tunnel dauerhaft neu schaffen.
Der Tunnel fördere zudem die Verlagerung von Gütern von der Straße auf die Schiene. 160 Kilometer könnten Züge im Vergleich zur bestehenden Route über den Großen Belt einsparen.
Wann soll der Tunnel fertiggestellt sein?
Nach heutigem Stand ist mit der Fertigstellung der Tunnel und der Hinterlandanbindung nicht vor 2028 zu rechnen.

Wie hoch ist der Bedarf wirklich?
Ein zentraler Streitpunkt zwischen Befürwortern und Gegnern des Mega-Projekts ist der tatsächliche Bedarf für mehr Schienen- und Straßenkapazität auf der Fehmarnbelt-Route. Ein vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) in Auftrag gegebenes Gutachten des Verkehrsberatungsbüros Hanseatic Transport Consultancy (HTC) kommt zu dem Ergebnis: „Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass keiner der für die zukünftige, unmittelbare Nutzung der FFBQ vorgesehenen Landverkehrsträger Schiene und Straße in den letzten Jahren eine wirkliche – und offensichtlich auch nicht in ihren Anfängen befindliche – ‚Wachstumsstory‘ präsentieren konnte.“ Wesentliche Engpässe gebe es auf der Strecke nicht und sie seien für die Zukunft auch nicht zu erwarten. Auch der Bundesrechnungshof stellt fest: „Angesichts der aktuellen Verkehrsprognosen ist es fraglich, ob der Nutzen des Projekts so steigt, dass die zu erwartenden Kosten unter wirtschaftlichen Aspekten zu rechtfertigen sind.“
Warum sind Naturschützer gegen das Projekt?

Auf der Trasse der FFBQ liegt ein geschütztes Meeresgebiet mit artenreichen Riffen, die nach dem Bundesnaturschutzgesetz und der europäischen FFH-Richtlinie streng geschützt sind. Durch die Arbeiten an der 60 Meter breiten, 20 Meter tiefen und 18 Kilometer langen Unterwasser-Baugrube würde dieser wertvolle Lebensraum zahlreicher bedrohter Arten weiter unter Druck geraten. So befindet sich im Fehmarnbelt ein wichtiges Aufzuchtgebiet des streng geschützten Schweinswals. Die Naturschützer bemängeln, dass durch aufgewirbelten Schlamm und Sediment auch Lebensräume in Hunderten Kilometer Entfernung von der eigentlichen Baugrube beeinträchtigt werden könnten. Dabei stehen die sensiblen Lebensräume in der Meerenge zwischen Lolland und Fehmarn schon heute unter Druck, etwa durch Schiffsverkehr, Überfischung und Offshore-Windkraftanlagen.
Taucher entdeckten darüber hinaus weitere sensible Riffe, die bei der Planung zum Tunnelbau nicht berücksichtigt worden waren. Das zeigt ein Untersuchungsbericht im Auftrag des Landesamts für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume SH (LLUR).
Für den NABU käme aus Umweltsicht allenfalls ein gebohrter Tunnel, nur für den Zugverkehr, in Frage. Das würde zum einen die Folgen für die Meeresumwelt minimieren und zum anderen sicherstellen, dass tatsächlich Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlagert wird.
Auch die "Beltretter", ein Zusammenschluss von Dutzenden Initiativen gegen die FFBQ, warnen, das Projekt könne die "größte Bau- und Umweltsünde" Nordeuropas werden; die beliebte Urlaubsinsel Fehmarn könne durch die Verkehrsschneise zur "Transiteinöde" werden.
Wie hoch sind die Kosten?
In einem Staatsvertrag zwischen Deutschland und Dänemark wurde 2009 festgelegt, dass die dänische Seite Kosten der Querung in Höhe von 7,4 Milliarden Euro übernimmt. Für die so genannte Hinterlandanbindung auf deutschem Gebiet kommt demnach Deutschland auf. Die wird allerdings teurer als geplant: Nach einem Bericht des Bundesrechnungshofs muss Deutschland statt mit den ursprünglich veranschlagten Kosten von 817 Millionen mit 3,5 Milliarden Euro rechnen. Inklusive der Hinterlandanbindungen auf deutscher und dänischer Seite könne mittlerweile von Gesamtkosten von bis zu 14 Milliarden Euro ausgegangen werden, mahnt der NABU. Dabei würde für die prognostizierten 13.000 Fahrzeuge pro Tag anderswo in Deutschland noch nicht einmal eine Umgehungsstraße gebaut. Zum Vergleich: Den Hamburger Elbtunnel nutzen täglich rund 150.000 Fahrzeuge.
Worüber entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig?
Für die Naturschützer drängt die Zeit, denn auf dänischer Seite wird schon gebaut. Der NABU hat 2019 eine Klage gegen das Mega-Projekt beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig eingereicht. Mit einer schnellen Entscheidung ist allerdings nicht zu rechnen. Denn die Richter müssen den über 1000 Seiten starken Planfeststellungsbeschluss, dazu mehrere tausend Seiten Gutachten und Stellungnahmen juristisch unter die Lupe nehmen. Die Hauptverhandlung findet vom 22. September bis zum 1. Oktober 2020 in Leipzig statt.