Gärtnern im Winter Brauchen Kältereiz: Kaltkeimer richtig aussäen

Küchenschelle
Kaltkeimer wie die Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris) werden nicht etwa im Frühling ausgesät, sondern im Herbst oder Winter - sogar die Anzucht im Kühlschrank ist möglich
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Manche Pflanzensamen keimen erst, nachdem sie Kälte ausgesetzt waren. Welche Kaltkeimer den naturnahen Garten bereichern und wie Sie sie richtig aussäen

Bei Kaltkeimern handelt es sich um Pflanzen, deren Samen einen Kältereiz benötigen, ehe sie gedeihen können. Naturgemäß fallen sie im Spätsommer oder Herbst zu Boden und würden dort zu keimen beginnen. Im Winter bestünde für die Jungpflanzen allerdings kaum eine Chance zu überleben, weshalb sie erst im Frühjahr aufgehen, nachdem sie einer längeren Kälteperiode ausgesetzt waren. Dafür sorgen keimhemmende Pflanzenhormone, die bei anhaltend niedrigen Temperaturen abgebaut werden. Dieser Mechanismus schützt die Jungpflanzen vor dem Erfrieren.

Kaltkeimer aussäen: So geht es

Wer das Saatgut von Kaltkeimern erntet oder einkauft, kann es entweder im Garten verteilen oder gezielt in Anzuchtschalen heranziehen. Die kontrollierte Aussaat in einem Gefäß bietet sich vor allem an, um die Keimfähigkeit der Samen zu prüfen und Jungpflanzen für üppige (Wild-)Staudenbeete zu gewinnen. Dazu benötigen Sie neben einem Behältnis mit Löchern nährstoffarme Anzuchterde, gegebenenfalls ein Stück Holz zum Andrücken der Samen und eine lichtdurchlässige Abdeckung zum Schutz vor hungrigen Vögeln.

Die meisten Kaltkeimer werden im Herbst ausgesät. Füllen Sie die Anzuchterde in ein Gefäß und geben Sie die Samen mit ausreichend Abstand zueinander hinein. Beachten Sie, ob es sich bei dem Saatgut um Licht- oder Dunkelkeimer handelt. Lichtkeimer werden nicht mit Erde bedeckt, sondern nur leicht angedrückt. Anschließend befeuchten Sie die Erde, ohne dabei die Samen wegzuspülen. Am besten nutzen Sie eine Sprühflasche. Die vorbereiteten Samen verbringen den Winter nun an einem kalten, aber hellen Ort. Empfehlenswert sind das unbeheizte Gewächshaus oder der Wintergarten. Das Saatgut kann auch im Freien überwintern, sollte dann aber mit einem Fraßschutz bedeckt werden (zum Beispiel Maschendraht).

Für viele Kaltkeimer reichen null bis fünf Grad über mehrere Wochen aus, um die Keimhemmung abzubauen. Auch Frost und eine Schneedecke können dem Saatgut nichts anhaben. 

Übrigens: Wer die Aussaat im Herbst verpasst hat, kann sie nachholen. Oft gelingt sie noch zwischen Januar und Februar. Unabhängig von der Witterung sind Sie, wenn Sie die Aussaat für ein paar Wochen im Kühlschrank lagern.

Kaltkeimer für den insektenfreundlichen Garten

Um Kaltkeimer im Garten, auf der Terrasse oder auf dem Balkon auszusäen, wählen Sie am besten insektenfreundliche und heimische Pflanzen.

Schlüsselblume

Schlüsselblume
Gelbe Blüten, deren Anordnung an einen vollen Schlüsselbund erinnert, sind typisch für die Schlüsselblume (Primula veris)
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Die Echte Schlüsselblume, auch Wiesenprimel oder Himmelsschlüssel, wurde 2016 von der Loki Schmidt Stiftung zur Blume des Jahres ernannt. In vielen Bundesländern steht sie auf der Roten Liste der gefährdeten Arten und bundesweit unter Naturschutz. Die heimische Wildstaude blüht gelb und ist vor allem auf Wiesen oder am Wegrand zu finden. Hier darf sie aber nicht gepflückt oder ausgegraben werden – auch wenn sie sich ideal für den selbstgepflückten Blumenstrauß eignet. Pflücken können Sie die Frühlingsbotin aus dem eigenen Garten oder vom Balkon. Sie lockt Bienen, Hummeln und Schmetterlinge an. Dazu benötigt sie viel Sonne und einen kalkhaltigen Boden. Die optimale Keimtemperatur beträgt fünf Grad. Im September und Oktober wird die Schlüsselblume im Garten ausgesät, da sie die Winterkälte zum Keimen benötigt. Wer die Aussaat verpasst hat, kann diese zwischen Januar und März nachholen und die Pflanzen gezielt vorziehen. Einmal im Garten angekommen, sät sich die Schlüsselblume zuverlässig selbst aus. 

Gundermann

Gundermann
In vielen Gärten ist die kleine Wildpflanze bereits vorhanden: Gundermann (Glechoma hederacea) hat für Mensch und Tier viele Vorteile
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Auch Gundermann gehört zu den Kaltkeimern, die im Herbst und Winter ausgesät werden können. Bei vielen Gärtnerinnen und Gärtnern ist die unscheinbare Wildstaude als Unkraut verschrien, denn sie wächst häufig im Rasen oder in breiteren Fugen. Im naturnahen Garten lassen sich ihre Eigenschaften aber ideal nutzen. Denn ein Kräuterrasen mit heimischen Pflanzen ist im Sommer viel resistenter gegen Trockenheit. Auch als Bodendecker bietet sich die Wildstaude an. Sie bildet lange Ausläufer, die sich auch leicht hängend oder rankend zeigen können und damit ein dekoratives Element im Garten sind. Die kleinen Blüten versorgen Wildbienen mit wertvoller Nahrung. Sogar Selbstversorgerinnen und Selbstversorger können profitieren, denn Blätter und Blüten sind in Maßen genießbar und werten Kräuterbutter, Dips, Salate und Suppen auf. 

Frauenmantel

Frauenmantel
Frauenmantel (Alchemilla vulgaris oder Alchemilla xanthochlora) besticht vor allem mit den charakteristischen Wassertropfen, die sich auf dem großen Blatt sammeln
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Auf der Suche nach einem pflegeleichten Kaltkeimer kommen Sie um diesen Bauerngarten-Klassiker nicht herum. Frauenmantel ist eine anspruchslose Staude, die an vielen Standorten gedeiht, insektenfreundlich blüht und winterhart ist. Die gelb-grüne Blütenfarbe lässt den Frauenmantel etwas unscheinbar wirken, macht ihn aber gleichzeitig zu einem idealen Kombinationspartner für diverse andere Stauden. Im üppigen Staudenbeet darf er also nicht fehlen – etwa als Beeteinfassung oder schlichter Übergang zwischen verschiedenen Blütenfarben. Alchemilla vulgaris gilt als Frost- und Lichtkeimer. Die Aussaat kann zwischen Oktober und Januar stattfinden. Hierzu werden die Samen ausgestreut und nur leicht an den Boden gedrückt, nicht aber mit Erde bedeckt. Auch eine kontrollierte Anzucht im Topf ist möglich – im Frühjahr wandern die Jungpflanzen dann ins Beet.

Weitere insektenfreundliche Kaltkeimer sind:

Die Küchenschelle, auch Kuhschelle, ist eine kleine Frühlingsbotin, die laut NABU in Deutschland immer mehr Lebensraum einbüßen muss, sodass sie in manchen Gebieten vom Aussterben bedroht ist. Die violette Blüte gibt Insekten etwa ab März eine frühe Starthilfe und versorgt sie mit Nektar. Viele kleine Haare sind nicht nur charakteristisch für die Küchenschelle, sondern schützen sie vor Verdunstung. Tiefe Wurzeln tun ihr Übriges, um die Pflanze vor dem Austrocknen zu bewahren. Alle Teile der Küchenschelle sind giftig und sie kann Hautreizungen hervorrufen. Für einen Garten mit Haustieren und Kleinkindern eignet sie sich also nicht. Ebenso vorsichtig sollten Sie bei der Aussaat von Beinwell sein. Die Wildstaude ist hübsch anzusehen und insektenfreundlich, aus Beinwell lässt sich sogar eine Jauche zur Düngung von Pflanzen herstellen - der Kaltkeimer ist jedoch giftig.

Unbedenklich ist die Aussaat von Bärlauch und Waldmeister, welche den Garten mit sattgrünem Laub und ab April mit weißen Blüten schmücken. Als Bodendecker und im Kräutergarten sind die Wildpflanzen beliebt, am besten gedeihen sie im Schatten oder Halbschatten. Bärlauchblätter duften nach Knoblauch und können in der Frühlingsküche vielseitig eingesetzt werden: zum Beispiel als Pesto, im Salat oder als Gewürz in herzhaften Gerichten. Wer die Blätter erntet, sollte sich aber sicher sein, denn es besteht Verwechslungsgefahr mit giftigen Doppelgängern. Waldmeister kommt beispielsweise in der Maibowle zum Einsatz, aber auch für Tee, Suppen oder Süßspeisen eignet er sich. Verzehrt wird er aufgrund der hohen Menge Cumarin nur maßvoll.

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