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Saphirblaue Augen, gebettet in Staub

Die geheimnisvolle Welt der antarktischen Seen

Es sind Refugien mitten im weißen Nichts: kristallklare Seen, die sich unter einer meterdicken, blau schimmernden Eisschicht verstecken. Ihr Wasser ist so salzhaltig, dass es in der Tiefe selbst im Winter nicht zufriert. Und so klar, dass man hindurchschaut in eine Tiefe, die an das Weltall erinnert. Die Eisdecke erzeugt einen Glashauseffekt, der die unteren Schichten der Seen auf bis zu 22 Grad Celsius aufwärmt. Kein Fisch, kein Krebs bewohnt diese sonderbare Welt. Trotzdem leben Millionen von Arten hier: Mikroben, die sich an die extremen Bedingungen angepasst haben - und Indizien liefern, wie das Leben auch andere Planeten erobern könnte. Mit welchen Tricks, zeigt die Parade der Grenzgänger.

Als wäre Blau keine Farbe, sondern ein Gegenstand: Ein sonderbarer Spuk hallt immer wieder über die Eisdecke des Lake Hoare. Ein Ton, der entsteht, wenn das Eis unter zu hoher Spannung winzige Haarrisse aufsprengt
Als wäre Blau keine Farbe, sondern ein Gegenstand: Ein sonderbarer Spuk hallt immer wieder über die Eisdecke des Lake Hoare. Ein Ton, der entsteht, wenn das Eis unter zu hoher Spannung winzige Haarrisse aufsprengt
© Lars Abromeit

Grünalge, Chlamydomonas raudensis, 0,015 mm

Sie nutzt das schwache Polarlicht, das durch die Eisdecke dringt, mit größtem Geschick: Ihr Photorezeptor blendet schwaches, rotes Licht aus (dieses stößt ohnehin kaum bis in die Tiefe des Sees vor) und kann dafür blaues, energiereiches Licht umso effizienter nutzen. Im lichtlosen Winter wird die Alge zum Räuber - und saugt Bakterien, die ihr zu nahe kommen, schonungslos auf.

Wimpertierchen, Euplotes sp., 0,05 mm

Auf elastischen "Lauf-Wimpern" tapst der Einzeller Euplotes über den Seeboden. Algen, die seinen Weg kreuzen, greift er mit seinen Fängen auf.

Wimpertierchen, Askenasia sp., 0,06 mm

Gürtel aus Zilien beflügeln diesen Allesfresser auf seiner Suche nach Algen und anderen Einzellern. Der oberste Tentakel-Ring treibt die Beute ins offene "Maul". Bei Bedarf kann Askenasia seine Wimpern jedoch auch zur Flucht einsetzen.

Rädertier, Philodina sp., 0,75 mm

Einer der mächtigsten Räuber im See: Wenn Philodina Hunger verspürt, dockt es sich an einen Felsvorsprung an und schwingt seine keulenartigen Wimperkränze durchs Wasser. Der Sog zieht Algen und Einzeller an, die das Rädertier daraufhin in seinen chitinartigen Kiefern zermalmt.

Die Nahrungskette in den antarktischen Seen: Klicken Sie auf das Bild für eine vergrößerte Darstellung
Die Nahrungskette in den antarktischen Seen: Klicken Sie auf das Bild für eine vergrößerte Darstellung
© Helen Gruber

Viren, 0,00001 mm

Erstaunlich hoch ist die Vielfalt an Viren in den antarktischen Seen. Die allermeisten Formen sind noch längst nicht bestimmt. Sie befallen Bakterien, Wimper- und Rädertiere, deren Kadaver zum Boden sinken.

Bakterienmatten

Die Recycling-Spezialisten des Sees zersetzen die Toten - und treiben damit den Kreislauf der Nährstoffe an. Trotzdem verbraucht das Biotop mehr Energie, als es produziert. Es lebt auf Reserve - von nährreichen Sedimenten, die sich in wärmeren Klimaepochen am Seeboden abgesetzt haben.

Film: Spezialisten für Extremes

Die Seen der Antarktischen Trockentäler kennen kein Leben, das über die Dimension eines Millimeters hinausreicht. Dennoch sind die Organismen von erstaunlicher Vielfalt.

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