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Mein Studium der Fachjournalistik neigt sich dem Ende zu und ich bin bereits seit einigen Jahren als freie Autorin tätig. Ich bin überzeugt davon, bei der Berufswahl die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Ob die Orientierungstests im Internet mir recht geben werden?
was-studiere-ich.de
Der "Selbsttest zur Studienorientierung" ist mit Landesmitteln finanziert worden. Für Abiturienten, die in Baden-Württemberg studieren wollen, ist er inzwischen Voraussetzung für eine Bewerbung.
In vier Schritten arbeitet man sich durch den einstündigen Test. In den ersten zehn Minuten geht es um reine Interessensfragen: Welche Aufgaben mir "für den Beruf wichtig sind" zum Beispiel. Für die folgenden Seiten gilt es, seine Hobbys aus Oberthemen wie Sport, Musik oder Technik auszuwählen. Darauf folgt ein detaillierter Fragenkatalog: Dieser erste Teil ist ein einfacher Multiple-Choice-Test, der ein Ankreuzen bei "interessiert mich gar nicht", "ein wenig" oder "interessiert mich sehr" vorschreibt. Danach widme ich mich dem Fähigkeitstest, der in drei Unterthemen aufgeteilt ist.
In einer Bearbeitungszeit von etwa 30 Minuten erfragt was-studiere-ich.de meine Fähigkeiten im sprachlichen Denken. Fremdwörter muss ich erklären und komplexe Sachverhalte in anderem Satzbau wiedergeben. Dieser Teil des Fähigkeitstests lag mir, anderenfalls hätte ich wohl auch den falschen Beruf gewählt.

Der für mich sehr schwierige Teil folgt aber sogleich: Die verschiedenen Aufgaben zum rechnerischen Denken sowie zur zahlengebundenen Merkfähigkeit müssen jeweils innerhalb von 60 beziehungsweise 90 Sekunden gelöst werden. Ich darf keinen Taschenrechner benutzen und für Notizen wäre ohnehin keine Zeit. Meine Bedenken waren gerechtfertigt: Zwanzig Zahlenpaare soll ich mir merken und in gleicher Reihenfolge wiedergeben, außerdem komplexe, mathematische Aufgaben lösen und Größenverhältnisse abschätzen.
Hoffentlich kann ich im dritten und letzten Teil der Fähigkeitstests wieder punkten: der Test zum bildhaften Denken und räumlichen Vorstellungsvermögen. In einer Bearbeitungszeit von circa 35 Minuten kommt es auf logisches Denken an. Grafiken und verschiedene Figuren gilt es, zu verstehen und in Zusammenhang zu setzen. Wie sieht beispielsweise die Vorlage zum Basteln eines Würfels aus? Aus jeweils vier oder acht Antwortbildern muss ich eines auswählen.
Nach rund 90 Minuten habe ich den Test beendet. Nun kann ich mein offizielles Teilnahmezertifikat herunterladen und meine Studiengangsempfehlungen begutachten. Eine Sonderseite auf der Homepage zeigt mir dazu in grafischer Form einen Überblick über meine Interessen und Fähigkeiten. Wie erwartet, konnte ich beim sprachlichen Denken punkten, das rechnerische und räumliche Wissen liegt gerade noch im Durchschnitt.
Meine Berufswahl wird durchaus bestätigt: Schon an zweiter Stelle kommen die Kommunikations- und Medienwissenschaften. Davor, an erster Stelle, stehen die Rechtswissenschaften. Das erstaunt mich, denn für Jura habe ich mich noch nie interessiert.
Berufsprofiling für Schüler
Ein kompakter Test, der sich an Abiturienten und Schüler aller Schulformen richtet, die kurz vor der Berufswahl stehen. Eine Langfassung wird kostenpflichtig zusammen mit einer persönlichen Beratung angeboten.
Nach insgesamt neun Teilaufgaben will das Berufsprofiling meine Fähigkeiten - sowohl intellektueller als auch persönlicher Art - einschätzen und beurteilen können. Begonnen wird mit einer langen Einleitung, die mir die Grundlagen, die Methode und die Handhabung des Tests erklärt.
Dann beginne ich mit meinen biografischen Angaben: Neben der Frage nach meinem Berufsziel soll ich Gewicht, Größe und meine Schulnoten verraten. Nach dem Sinn meiner Gewichtsangabe frage ich gar nicht erst. Der "Interessen Teil 1" behandelt dann wiederum meine persönlichen Vorlieben und Hobbys. Es ist eine einfache Auswahlseite, mit der man nicht länger als fünf Minuten beschäftigt ist.
Die wichtigen Teile des Profilings folgen im Anschluss: Wortschatz. Wortgruppen mit jeweils fünf Begriffen sind dort zur Bearbeitung hinterlegt, aber nur eines der Wörter existiert wirklich. Gibt es "rigide" oder "rivol" oder vielleicht doch eher "requent"? Konzentration ist auf jeden Fall wichtig, sonst gerät man bei den trickreich angelegten Seiten schnell in Verwirrung. Zudem hatte ich für die Bearbeitung von zehn Wortreihen, also 30 fiktiven Worten, nur zwei Minuten Zeit.
Eher entspannt und Spaß bringend gestaltet sich der nächste Teil, in dem es um meine Konzentrationsstärke geht. Bestehend aus drei Teilen soll ich mit den Cursortasten der Tastatur Farben und Worte voneinander unterscheiden. Auf dem Bildschirm erscheinen Farbnamen, die in einer jeweils anderen Farbe geschrieben sind. Erscheint beispielsweise das Wort "schwarz"“ auf dem Bildschirm in roter Farbe, muss es bei "rot" eingeordnet werden. So schnell wie möglich natürlich, denn die Zeit läuft nebenher. Um ein sicheres Testergebnis zu gewährleisten wird dieser Teil mehrmals wiederholt.
Es folgt "Interessen Teil 2". Aus knapp 50 Handlungsmöglichkeiten muss ich auswählen, ob ich sie "gar nicht", "etwas" oder "sehr mag". Die Onlineprofiler interessiert beispielsweise, ob ich mich gern "für die Durchsetzung von Recht und Gesetz einsetze".
Der für mich schwierigste Teil nennt sich Matrizen. Über 18 verschiedene Aufgaben verteilt, soll ich Zusammenhang und Logik der Bilder erkennen. Mehr Erfolg kann ich aber glücklicherweise bei den Zahlenreihen verbuchen. Brüche, Algorithmen und hohe Mathematik werden hier, anders als in den meisten anderen Orientierungstests, nicht erfragt.
Als nächstes sollen detaillierte Fragestellungen meine Einstellung und Verhaltensweise erschließen. Wie würde ich mich im Beruf und Alltagsleben entscheiden, wenn ich die Wahl zwischen einer größeren Aufgabe und mehreren kleinen habe?
Fertig! Nach dem einstündigen Test und vielen Angaben zu meiner Persönlichkeit, meinen Interessen, dem bisherigen Leben sowie der Lösung mathematischer und logischer Aufgaben ist das Profiling beendet.
Innerhalb der nächsten zwölf Stunden bekomme ich, wie angekündigt, per Email den Ergebnisbericht: Er enthält Informationen zu meinen Fähigkeiten, Potenzialen und Interessen. Auf den ersten Platz haben es meine sprachlichen Fähigkeiten geschafft, direkt darauf folgend die intellektuell-forschenden. Kombiniert ergibt das meiner Meinung nach die perfekte Grundlage für einen Journalisten. Darüber hinaus empfiehlt mir der Berufsprofiler Studienrichtungen wie Betriebswirtschaftslehre oder Politikwissenschaften.
Laut dieses Tests habe ich also die absolut richtige Berufsentscheidung getroffen.
Explorix
Mithilfe der deutschen Fassung der "Self-directed Search" des US-Psychologen John Holland lässt sich der sogenannte "Primärtyp" von Schulabgängern festlegen, der auf ihrer Haupt-Interessensrichtung beruht.
Dieser Test soll ausschließlich meine sechs grundlegenden Interessenrichtungen erkennen und bewerten. Wissen wird bei Explorix nicht abgefragt. Untersucht werden in vier Testabschnitten meine handwerklich-technischen, untersuchend-forschenden, künstlerisch-kreativen, erziehend-pflegenden, führend-verkaufenden und ordnend-verwaltenden Fähigkeiten. Für die Bearbeitung brauche ich lediglich 20 Minuten, die Auswertung kostet mich 12,50 Euro.
Explorix beginnt mit meinem Interesse an Tätigkeiten. Was mag ich? Würde ich einen Kurs für Auto-Mechanik besuchen oder doch lieber ein Fahrrad reparieren? Entscheiden darf ich mich bei 66 Fragen zwischen "gern" und "ungern". Es wirkt zeitweise so, als würde ich den Profilern schon meine Berufsentscheidung in die Wiege legen. So zielen Eingrenzungen wie "ich mag gern lange Texte schreiben" oder "ich mag mich mit Sachverhalten kritisch auseinander setzen" wie die Grundeinstellung eines zukünftigen Journalisten.
Im zweiten Testteil fragt Explorix darüber hinaus nach meiner Selbsteinschätzung der Fähigkeiten. Jeweils mit "Ja" oder "Nein" zu beantworten sind Aufgabenfelder wie "Experimente durchführen", "Gedichte spannend vorlesen" oder auch Persönliches wie "Freundschaften aufbauen". Diesen Bausteinen liegt mehr zugrunde, als man denkt: Muss ich mich selbst einschätzen, beginne ich akribischer über meine Ziele nachzudenken. Über einige der angebotenen Fähigkeiten habe ich mir beispielsweise zuvor nie richtig Gedanken gemacht: "Kann ich ein Musikinstrument spielen?" Nein. "Könnte ich es mir vorstellen?" "Ja". Die nächste Überblicksseite lässt mehr Auswahlmöglichkeiten zu. Auf einer Skala von eins (niedrig) bis sieben (hoch) gilt es, meine Kompetenzen zu beurteilen - Allgemeinwissen, musikalische Fähigkeiten und Co.
Dann kommt es mir komisch vor: Bei der so genannten Rubrik "Sympathien für Berufe" setze ich Kreuze für die Tätigkeiten, die mir persönlich zusagen würden. 84 stehen zur Auswahl, ein Journalist ist aber nicht dabei. Dennoch empfinde ich diese Selbsteinschätzung, als würde ich den Experten auch hier die Entscheidung für mein folgendes Profiling abnehmen.
Wissenschaftlich erscheint das Konzept aber plausibel: John Holland, ursprünglicher Entwickler des bekannten "Self-directed Search"-Modells nimmt an, dass jeder Mensch eine Haupt-Interessensrichtung besitzt. Dazu kämen jeweils zwei weitere, die weniger stark ausgeprägt sind. Zusammen ergeben die drei eine Kombination, anhand der mein individuell perfekter Beruf auffindbar zu machen sei. Der Online-Test und das rund 15-seitige Ergebnis, macht es an meinem Beispiel deutlich: Mein dreistelliger Code ist "E-I-S", ich interessiere mich also für Berufe, die führend-verkaufend (Code E), untersuchend-forschend (Code I) sowie erziehend-pflegend (Code S) sind. Berufsvorschläge reichen vom Privatdetektiv bis zum Umweltberater.
Detektivarbeit betreibt ein Journalist wohl auch, allerdings hätte mir eine allgemeinere und realistischere Berufsorientierung mehr zugesagt. Explorix ist ein reiner Interessenstest, der keinen Aufschluss über meine tatsächlichen Fähigkeiten gibt.