In Runen-Inschriften, die sie in mächtige Steine ritzen, rühmen die Wikinger die Taten von Kriegern, Herrschern und Mäzenen. Dieses Monument hat ein Mann namens Folkvid um das Jahr 1025 westlich des heutigen Stockholm errichtet: zu Ehren seines verstorbenen Sohnes
Auf der Suche nach Ruhm und Reichtum verlassen skandinavische Bauern, Fischer, Krieger und Häuptlinge ab etwa 790 n. Chr. ihre Heimat, raffen auf Raubfahrten Schätze aus den Klöstern Westeuropas zusammen, erschließen als Händler die Weiten Russlands, besiedeln Inseln im Nordatlantik. Steinerne Monumente, Gräber und die Überreste mächtiger Festungen künden bis heute von jenen Jahrhunderten, in denen die Wikinger die Meere des Nordens beherrschten
Eine NEUE HEIMAT in der Ferne
Im 9. Jahrhundert nimmt Skandinaviens Bevölkerungszahl merklich zu. Auch deshalb wagen sich Bauern aus Norwegen, die in ihrer Heimat kein Auskommen mehr finden, auf der Suche nach Land weit in den stürmischen Nordatlantik vor – und bauen sich ab 870 auf der von Vulkanen und Gletschern überragten Insel Island eine neue Existenz auf
Nur wenige Bäume gedeihen damals wie heute auf Island. Die Siedler errichten daher Häuser mit Wänden aus Grassoden, die gut vor kalten, scharfen Winden schützen. Im Südwesten der Insel haben Archäologen ein solches Gehöft rekonstruiert, dessen Überreste lange unter Vulkangestein verborgen waren
Zu Beginn der Wikingerzeit streiten in Skandinavien eine Vielzahl von Fürsten und Häuptlingen um Macht und Einfluss. Erst mit dem Vordringen des Christentums entstehen dort allmählich stabile Reiche – zuerst in Dänemark, wo der christlich getaufte König Harald Blauzahn um 980 fünf ringförmige Burgen anlegen lässt. Über die strenge Symmetrie dieser Militärfestungen rätseln Forscher noch heute
Vier Tore gewähren Einlass in die kreisrunde Königsfestung Trelleborg auf der dänischen Insel Seeland. Zwei Straßen gliedern die anderthalb Hektar große Anlage in gleichmäßige Viertel, in denen jeweils vier Häuser zu Quadraten angeordnet sind
Die Menschen im Norden fürchten sich vor Wiedergängern und dämonischen Riesen, vor Ernteausfällen, Krankheit und Tod. Um die Gunst der Götter zu gewinnen, vollziehen sie mehrmals im Jahr geheimnisumwehte Rituale: Die Gläubigen schlachten Ziegen, Pferde oder Rinder, deren Häute sie unter freiem Himmel aufspannen, und verzehren das Fleisch der Opfertiere bei ausschweifenden Trinkgelagen
Am Fluss Falen im Süden des dänischen Ringköbing Fjord haben Archäologen einen heidnischen Opferplatz rekonstruiert: Die Tiere wurden möglicherweise auf einem von hölzernen Götterfiguren umringten Stein geschlachtet, ihre Haut anschließend aufgehängt – wohl, um die Wirkkraft der Gabe zu verstärken
Nur wenige Städte erheben sich im Skandinavien der Wikinger. Die meisten Menschen – auch jene, die sommers zu Raubzügen und Handelsfahrten aufbrechen – leben als Bauern in kleinen Dörfern oder auf einsam gelegenen Gehöften: Die Großfamilien bewohnen lang gestreckte, oft fensterlose Häuser, in denen Schlafräume, Vorratskammern und Stallungen untergebracht sind
Fast 27 Meter misst dieser ältere Nachbau eines Wohngebäudes der dänischen Ringburg Trelleborg, das bis zu 75 Menschen Platz bot. Mit seinem geschwungenen Dach entspricht es den typischen Langhäusern der Wikingerzeit – wobei es nach heutigem Forschungsstand vermutlich keinen Vorbau hatte
Seit jeher sind die Menschen im wasserreichen Norden Europas auf Boote angewiesen. Und so glauben die Wikinger, dass die Fahrzeuge sie auch bis ins Jenseits geleiten würden: Mächtige Skandinavier lassen sich mitsamt reicher Beigaben in ihren Schiffen bestatten, andere in Gräbern, auf die erst die Hinterbliebenen bootsförmige Steinmonumente setzen
Nahe dem dänischen Aalborg haben rund 200 dieser »Schiffssetzungen« überdauert. Zwei große Findlinge markieren jeweils den Vorder- und den Achtersteven – die bei einem Wikingerschiff besonders hochgezogene Kielverlängerung an Bug und Heck. Die Toten wurden mitsamt ihrem Schmuck und anderen persönlichen Gegenständen eingeäschert
Über Jahrhunderte konstruieren die Skandinavier schmale Plankenboote, mit denen sie die Fjorde und Flüsse ihrer unzugänglichen Heimat überwinden. Erst um 700 n. Chr entwickeln Baumeister daraus Segelschiffe, die robust genug sind, um in ihnen die Nordsee zu durchqueren – und schneller als alle anderen Wassergefährte jener Zeit
Im Herbst, wenn die Zeit der Raub- und Handelsfahrten zu Ende geht, bringen die Männer ihre mit umlegbaren Masten ausgerüsteten Schiffe in Bootshäusern unter. Am dänischen Ringköbing Fjord haben Wissenschaftler einen kleinen Hafen jener Epoche nachgebildet