Der eigentliche Namensgeber ist längst weitergezogen, aber der weltberühmte Name gilt bis heute. Anfang des 20. Jahrhunderts baute sich die "New York Times" ein Hochhaus an der 42nd Street in Manhattan, zwischen Seventh Avenue und Broadway. Der damalige Bürgermeister George McClellan unterzeichnete daraufhin am 8. April 1904 eine Resolution, die die nördlich des Gebäudes gelegene, langgezogene dreieckige Kreuzung offiziell in Times Square umbenannte. "Times Square ist der Name des neuen Zentrums der Stadt", titelte die namensgebende Tageszeitung daraufhin am nächsten Morgen. Selbst betrieben hatte sie die Umbenennung allerdings nicht, stellte der damalige Besitzer und Herausgeber der Times Adolph S. Ochs in einem Interview klar. Stolz war man natürlich dennoch.
Vorher hieß der Platz Long Acre Square, nach einem früheren Kutschenviertel in London, denn auch rund um den heutigen Times Square waren einst Pferde und Kutschen untergebracht. Aber mit dem Aufkommen von immer mehr Autos und Hochhäusern wie dem der "New York Times" schien der neue Name zeitgemäßer. Die Tageszeitung selbst zog allerdings schon 1913 weiter in den Westen Manhattans. 1961 verkaufte sie den Turm.
Der Times-Turm ist bis heute ein Wahrzeichen des Platzes
Doch das Gebäude One Times Square blieb Wahrzeichen des Platzes, der längst zu einer der berühmtesten Sehenswürdigkeiten der Millionenmetropole geworden ist. Umhüllt wird das Gebäude – das seit vielen Jahren fast komplett leer steht, renoviert wird und nach derzeitigen Plänen in ein Museum mit Aussichtsplattform verwandelt werden soll – inzwischen von Nachrichten-Laufbändern und gewaltigen bunten Werbebildschirmen, so wie auch viele andere Häuser rund um den Platz. Mit ein Grund dafür, dass es dort immer fast taghell und das Strahlen auch aus der Ferne zu sehen ist.
Fast 400.000 Menschen laufen nach Zählungen des Nachbarschaftsverbands Times Square Alliance inzwischen jeden Tag rund um die Uhr über die "Kreuzung der Welt". Rund dreimal so viele sind es jährlich an Silvester, wenn auf dem Platz mit Konfetti sowie den Liedern "Auld Lang Syne" und "New York, New York" das neue Jahr eingeleitet wird. Die Augen von Millionen Menschen – auf dem Platz selbst und vor Bildschirmen weltweit – sind in den letzten 60 Sekunden des Jahres dann auf die Spitze von One Times Square gerichtet, wo für den sogenannten Ball Drop traditionell eine leuchtende Kristallkugel an einem Fahnenmast heruntergleitet.
Zwischen Glamour und Verfall
Aber nicht nur an Silvester ist am Times Square Programm. Wenige Jahre nach der Umbenennung wandelte sich die Gegend rund um den Verkehrsknotenpunkt, an dem sich rund ein halbes Dutzend U-Bahn-Linien kreuzen, zu einem Theaterviertel und ist bis heute das Zentrum der Szene in New York. Drumherum aber verkam der Platz jahrzehntelang, wurde zu einem Anziehungsort für Drogen, Kriminalität, Pornokinos und Sexshops.
In den 1980er-Jahren entschied sich die Stadtverwaltung, dagegen vorzugehen. Rund um den Times Square herum wurde aufgeräumt, gesäubert und renoviert. Inzwischen ist der Platz selbst zu großen Teilen Fußgängerzone. Der Broadway-Theaterszene verhalf das zu einem Boom, Erfolgsstücke wie "Der König der Löwen" oder "Hamilton" ziehen jeden Abend Tausende Menschen an, dazu gibt es Geschäfte, Hotels, Restaurants, Bars, ein Broadway-Museum.
Anziehungspunkt für alle
"Wir wollen, dass der Times Square ein Platz ist, der unsere Kultur auf jede Art und Weise erfasst und feiert", heißt es vom Nachbarschaftsverband Times Square Alliance. "Wir wollen, dass es ein vibrierender und demokratischer öffentlicher Ort ist, der das zivile, kulturelle und kommerzielle Leben in unserer Stadt veranschaulicht. Wir wollen, dass es ein Ort von und für New Yorker ist, den wir stolz mit dem Rest der Welt teilen." Deswegen organisiert der Verband neben der großen Silvester-Party beispielsweise Kunstaktionen, Hochzeiten und Verlobungen am Valentinstag und anlässlich des Welt-Yoga-Tages jedes Jahr im Juni Massen-Yogastunden mitten auf dem Platz.
Die Beliebtheit hat aber auch ihre Schattenseiten. Für etliche New Yorker ist der Platz zur Touristenfalle verkommen. Zwar müssen viele den häufig verstopften Verkehrsknotenpunkt täglich nutzen, auf dem Weg zur Arbeit oder ins Theater etwa, so richtig gerne und freiwillig machen das aber nur die wenigsten. Man sei nur "zu Forschungszwecken da", solle man raunen und dann schnell wieder verschwinden, wenn man doch einmal auf dem Times Square zufällig einen Bekannten treffe, riet ein Stadtmagazin. Manche wünschen sich sogar schon die Zeit zurück, bevor der Platz sauber und verkehrsberuhigt war, so wie die Autorin Fran Lebowitz: "Der Times Square ist inzwischen die schlimmste Gegend der Welt."