Unter Neuseelands dunklem Sternenhimmel ist einem Trio um den Astrofotografen Dan Zafra ein seltener Doppelschlag gelungen: Gleich zwei "Rote Kobolde", auch "Red Sprites" genannt, leuchteten in derselben Nacht über einer fernen Gewitterzelle auf – zusammen mit der südlichen Milchstraße und einem zarten Schimmer des Polarlichts Aurora Australis. Rote Kobolde zählen zu den seltensten Himmelsphänomenen der Welt.
Aufgenommen wurden die Bilder Mitte Oktober 2025 an den markanten Clay Cliffs auf der Südinsel Neuseelands, an denen sich Dan Zafra, Jose Luis Cantabrana und Tom Rae für eine Fototour verabredet hatten. Als am Horizont über den Southern Alps entfernte Gewitter aufblitzten, registrierte Dan Zafra, Betreiber des Fotografie-Blogs "Capture the Atlas", zunächst unauffällige Lichtblitze, erkannte aber nach einigen Testaufnahmen, dass seine Kamera die charakteristischen, rot verzweigten Entladungen hoch über dem Gewitter eingefangen hatte.
Himmelsphänomen Roter Kobold
Rote Kobolde sind großskalige elektrische Entladungen in der oberen Atmosphäre, typischerweise in 50 bis 90 Kilometer Höhe, die nur wenige Millisekunden dauern und mit bloßem Auge kaum zu erkennen sind. Sie entstehen über kräftigen Gewittern und finden weit oberhalb der gewöhnlichen Gewitterblitze statt. Oft werden sie als faden- oder quallenartige Strukturen in rötlichen bis violetten Farben sichtbar.

Rote Kobolde zählen zu den sogenannten transienten Leuchtereignissen. Unter diesem Begriff fasst der Deutsche Wetterdienst (DWD) verschiedene elektrische Erscheinungen in den oberen Schichten der Atmosphäre zusammen. Dazu gehören neben den Red Sprites auch die Blue Jets – kegelförmige, blau leuchtende Entladungen – sowie die Elves, scheibenförmige, sich rasch ausbreitende Lichtregionen mit schwachem Glühen.
Motiv mit Seltenheitswert
Was die Aufnahmen der Roten Kobolde besonders spektakulär macht, ist ihre einmalige Konstellation: Die roten, fadenartigen Entladungen erschienen direkt neben dem untergehenden galaktischen Zentrum der Milchstraße – und im selben Bildfeld zeichnete sich zudem ein schwacher Polarlichtschimmer ab. "Es war einer dieser Momente, in denen du weißt, dass du etwas erlebst, was du wahrscheinlich nie wieder sehen wirst", berichtet Dan Zafra.
Solche Aufnahmen gelingen selbst Gewitterjägern nur selten – bis heute haben weltweit nur wenige Fotografinnen und Fotografen das Phänomen in hoher Detailtreue festgehalten. Neuseeland zählt zudem nicht zu den Hotspots für besonders blitzintensive Stürme. Zafra betont, nach seinem Kenntnisstand gebe es keine früheren Fotos oder Timelapse-Sequenzen, die Red Sprites zusammen mit der südlichen Milchstraße in hoher Qualität zeigen – erst recht nicht zusätzlich mit Aurora in demselben Bild.
Zeitraffer-Video
Dan Zafra hat zusätzlich ein Timelapse-Video erstellt, das die millisekundenkurzen Entladungen im Ablauf zeigt. Die Filmaufnahmen verdeutlichen, wie kurzlebige Wetterphänomene und kosmische Strukturen in seltenen Momenten zu einem Motiv verschmelzen.

Rote Kobolde wurden erstmals im Jahr 1989 fotografisch dokumentiert. Noch immer versuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der ganzen Welt, die Leuchterscheinungen in all ihren Facetten zu verstehen. Erst im Juli 2025 gelang der NASA-Astronautin Nichole Ayers von der ISS aus die Aufnahme eines Red Sprites über Mexiko in beeindruckender Präzision. Das Bild ging viral.