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Raumfahrt Wettrennen statt Wissenschaft: Worum es den Mondmissionen wirklich geht

Menschen bejubeln den Start des indischen Landers Chandrayaan-3
Mitte Juli bejubeln Menschen den Start des Landers Chandrayaan-3, der am 23. August erfolgreich auf dem Mond aufsetzte. Damit ist Indien das vierte Land (nach der Sowjetunion, den USA und China), dem die anspruchsvolle Aufgabe gelang
© Seshadri Sukumar / ZUMAPRESS.com / picture alliance
Nicht Neugier und Forschungsgeist treiben Staaten und Unternehmen in den Weltraum, sondern die Hoffnung auf Prestige und große Gewinne
Ein Kommentar von Martin Scheufens

In diesen Tagen wird´s eng auf dem Mond. Der indische Lander Chandrayaan-3 setzte sanft auf der staubigen Oberfläche auf, dort, wo bereits am Samstag die russische Sonde Lunar-25 zerschellte. Und schon am Wochenende könnte das nächste Gefährt nachfolgen, wenn Japan seinen Lander SLIM auf die Reise zum Erdtrabanten schickt.

Mit Spannung verfolgt die Weltöffentlichkeit die Landungen – und im Falle Russlands auch mit etwas Häme. Letzteres zeigt, dass sich die Ereignisse im Weltraum kaum von denen auf der Erde trennen lassen. Zurecht, denn der aktuelle Wettlauf zum Mond ist weder von wissenschaftlicher Neugier noch von sportlichem Ehrgeiz getrieben. Es ist ein Kampf um technologische Überlegenheit, Ressourcenvorkommen und zukünftigen Einfluss – auch auf der Erde.

Staaten und Unternehmen wittern im All das große Geschäft: vom Weltraumtourismus über den Betrieb von Internetsatelliten bis zum Abbau von Ressourcen auf dem Mond und auf Asteroiden. Doch wie bei anderen Hypes – etwa um Quantencomputer – weiß niemand, ob sich die hohen Investitionen jemals rentieren werden. Sicher ist bloß: Wer auf dem Markt der Zukunft mitmischen will, muss jetzt hoch zielen.

Neue Blöcke, alte Rivalitäten

Schon einmal wurde der Weltraum Schauplatz irdischer Rivalitäten, damals zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion. Damals triumphierten die USA, die als erste Nation Menschen auf den Mond brachten. Propagandistisch war diese Niederlage für die Sowjets verheerend, doch dass sie später den Kalten Krieg verloren und der Ostblock auseinanderbrach, hatte wohl irdischere Ursachen.   

Ob der zweite Wettlauf zum Mond irdische Folgen für Politik und Wirtschaft haben wird, ist vollkommen offen. Dennoch: Die aktuellen Missionen lassen sich nicht losgelöst betrachten von der zunehmenden Blockbildung und den offen ausgetragenen Rivalitäten auf Erden.

Der Mond als Markt der Zukunft

Um ihre Ambitionen zu verschleiern, verweisen die beteiligten Staaten – von den USA über China bis hin zu den aktuellen Kontrahenten – gern auf den wissenschaftlichen Wert ihrer Missionen. Aus Indiens Lander soll beispielsweise ein Rover rollen, der mit einem Spektrometer für Alphateilchen und Röntgenstrahlung das Regolith, also den Mondstaub, untersuchen soll. Doch statt genuin naturwissenschaftlicher Fragen – etwa: "Wie entstand einst der Erdtrabant?" – treiben wohl wirtschaftliche Fragen die Staaten an. Enthält der Mond genug Wasser und Sauerstoff, damit eines Tages Menschen auf dem Trabanten überleben könnten? Welche wertvollen Ressourcen besitzt der Mond, die sich auf der Erde teuer verkaufen lassen? Und wie schwierig ist es, diese Elemente abzubauen, vom wertlosen Rest zu trennen und zur Erde zu bringen?

Die jetzigen Mondabenteuer sind kaum zu vergleichen mit den großen wissenschaftlichen Raumfahrtmissionen der vergangenen Jahre, etwas der Sonde DART, die einen Asteroiden ablenkte, oder dem James-Webb-Weltraumteleskop, das bis zum Beginn des Universums zurückblickt. Immerhin: Wenn am Wochenende der japanische Lander auf Reise geht, dann startet er zusammen mit dem WeltraumteleskopXRISM, das mit seinem Röntgenauge die Wirkung der Dunklen Materie enthüllen soll.

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