Oliver Rohrbeck

Oliver Rohrbeck ist Synchronsprecher. Zu seinen bekanntesten Rollen zählen Justus Jonas in der Hörspielreihe "Die drei ???", Ben Stiller und "Gru" von den "Minions".
Sie sprechen seit mehr als 40 Jahren Justus Jonas. Altert Ihre Stimme nicht?
Klar altert meine Stimme, und irgendwann ist Schluss. Dass man mir den 18-jährigen Privatdetektiv noch abnimmt, liegt nicht etwa daran, dass ich meine Stimme verstelle. Das würde unnatürlich klingen. Der Trick ist, komplett in die Rolle von Justus zu schlüpfen. Er redet zum Beispiel immer etwas aufgeregt, denn er hat die Auffassungsgabe und Ausdrucksweise eines Jugendlichen. Wenn ich das spiele, klingt meine Stimme automatisch jünger.
Warum ist das Hörspiel immer noch erfolgreich? Ihre Liveaufführungen füllen ganze Stadien.
Weil die Stimme starke Bilder im Kopf erzeugt. Viele sind in ihrer Jugend mit den "drei ???" im Ohr eingeschlafen und Fans geblieben. Zur Faszination gehört auch, dass es im fernen Amerika spielt. Und unsere Stimmen sind offenbar einprägsam. Oft werde ich an meiner Stimme erkannt.
Die Animationsfigur "Gru" klingt dagegen komplett anders. Wie haben Sie sie entwickelt?
Gewünscht war ein osteuropäischer Akzent. Also habe ich mir die Klitschko-Brüder zum Vorbild genommen, ein bisschen herumexperimentiert und noch eine Prise Karel Gott beigemischt – bis es perfekt war.
Sümeyra Kaya

Sümeyra Kaya ist Moderatorin bei Radio Cosmo und der WDR-Lokalzeit. Sie wurde 2021 mit dem Deutschen Radiopreis ausgezeichnet.
"Schon früh habe ich erkannt, welche Kraft und auch Macht die Stimme hat. Wie sie Menschen fesselt und fasziniert. Ständig lief bei uns das Radio, ein Mix aus deutschen und türkischen Sendern, mein Vater stammt aus Anatolien. Vor allem die Musiksendungen habe ich geliebt! Als Kind habe ich die 90er-Jahre-Shows nachgespielt und meine Schwester und mich mit dem Kassettenrekorder aufgenommen. Meine Stimme zu hören war nie ein Problem für mich. Nur ab und zu habe ich das Gefühl, dass ich zu laut und zu schnell spreche. Dann versuche ich mich zu bremsen. Für türkische Muttersprachler klingt mein Deutsch wahrscheinlich hart und abgehackt. Türkisch hingegen empfinde ich als melodisch und zart. Es ist auch der Klang meiner Kindheit, fest verwoben mit den warmen Erinnerungen an Sommerurlaube in Anatolien. Meine Begeisterung fürs Sprechen hat mich seither nie losgelassen. Über Praktika und eine Station beim Campusradio im Studium kam ich Ende 2008 zur Global-Sounds- Welle "Funkhaus Europa", heute Cosmo. Damit habe ich mir meinen Lebenstraum erfüllt."
Gabrielle Pietermann

Gabrielle Pietermann leiht als Synchronsprecherin unter anderem Emma Watson, Emilia Clarke und Selena Gomez ihre Stimme.
Wie wird man Emilia Clarkes Stimme in "Game of Thrones"?
Eine Aufnahmeleitung hat angefragt, ob ich nicht Lust hätte, bei einer kleinen Fantasyserie die Drachenkönigin zu sprechen. Ja, klar! Niemand ahnte, wie groß das einmal werden würde.
Sprechen Sie Emilia Clarke anders als Emma Watson?
Ich spreche jede Rolle anders. Es geht immer um die Haltung einer Figur, nicht darum, von wem sie gespielt wird. Das schaue ich mir im Original an, und dann finde ich meine eigene Stimme dafür.
Haben Ihre asiatischen Wurzeln Ihre Karriere beeinflusst?
Mich haben vor allem meine bayerischen Wurzeln beeinflusst! Schon als Kind habe ich erste Sprechrollen angenommen und musste mir den Dialekt mühsam abtrainieren. Aber inzwischen gibt es immer mehr absurde Vorgaben internationaler Kunden: People of Colour sollen nur noch von People of Colour gesprochen werden, Schwule von Schwulen, Gehörlose von Gehörlosen. Ich wurde auf Rollen besetzt, weil mein ethnischer Hintergrund zur Originalschauspielerin "gepasst" hat. Auch wenn der Diversitätsgedanke richtig ist: Das ist diskriminierend und die falsche Art, Vielfalt zu fördern. Dann dürfte ich ja nur noch asiatische Darstellerinnen synchronisieren. Außerdem ist doch gerade das die Schauspielkunst: Sich in jede Rolle hineinversetzen zu können.
Gerald Kollek

Gerald Kollek arbeitete viele Jahre als Stimmenimitator und Kabarettist.
Wie sind Sie zur Stimmenimitation gekommen?
Ich wollte Mädchen beeindrucken. In der Pubertät war ich klein und schmächtig. Da blieb mir nur der Humor. Ich weiß noch, wie mir die Mädels bei der Abschlussfeier Perücke, Hornbrille, Faltenrock und BH organisierten und vorn zwei Pampelmusen reinsteckten. In dieser Aufmachung habe ich unsere Stenografielehrerin, Frau Lies, imitiert. Ich schwöre bei meinen Stimmbändern: Die Frau hat sich weggeschmissen vor Lachen, alle anderen auch.
Und danach?
Im Fernsehen sah ich Politiker wie Adenauer, Kiesinger, Schmidt. Das waren dankbare Vorlagen. Ich übte mit dem Kassettenrekorder. Helmut Kohl zum Beispiel: Zungenspitze nach vorn, Hohlkreuz, Pfälzer Dialekt. Ich komme selbst aus der Ecke, deshalb fällt mir das Rheinische und Pfälzische leicht, Kohl, Boris Becker, Norbert Blüm. So entwickelte ich mein Bühnenprogramm. Auch Marcel Reich-Ranicki zählte zu Ihrem Repertoire. Ich habe ihn sogar mal imitiert, während er mit seiner Frau im Publikum saß. Sie wurde blass und schlug die Hände vors Gesicht. Reich-Ranicki sagte hinterher über mich: "Wissen Sie, ich werde von vielen Leuten nachgemacht. Aber dieser Junge ist wirklich hervorragend!" Das war die höchste Auszeichnung.
Dieter Bruhn

Dieter Bruhn handelt seit 1959 Räucheraal und -lachs auf dem Hamburger Fischmarkt und ist landesweit als "Aale-Dieter" bekannt.
"Wenn du etwas verkaufen willst, musst du eine starke Stimme haben. Meine Kollegen, die den ganzen Tag auf dem Fischmarkt aus voller Kehle schreien, sind nach vier Stunden heiser. Das passiert mir nicht, ich brauche auch kein Mikrofon. Das kommt, weil ich mit Mitte 30 Unterricht bei einem Tenor der Staatsoper hatte. Meine Mutti wollte so gern, dass ich Sänger werde. Aber mir war ein anderer Weg bestimmt. Ich habe nicht nur Fische verkauft, ich war auch Wettermoderator, bin in Fernsehshows aufgetreten, habe eine Schallplatte aufgenommen. 2002 wählte mich das Manager-Magazin in die Top-Ten-Verkäufer Deutschlands. Für diesen Erfolg sind zwei Dinge entscheidend: dass die Qualität der Ware stimmt und wie ich mit den Kunden spreche. Offensiv, mit selbstbewusster Stimme gehe ich auf die Leute zu, schlagfertig, mit Humor, bis ich einen Käufer am Haken habe. Und wenn der erste angebissen hat, folgen die anderen automatisch. Bis kein Aal mehr übrig ist. So mache ich das erfolgreich seit fast 65 Jahren."
Monika Hein

Monika Hein ist promovierte Phonetikerin, Stimmtrainerin, Coach und Sprecherin.
Sie helfen Menschen dabei, ihre Stimme zu finden. Worauf kommt es an?
Morten Harket, der Sänger von A-ha mit einer legendären Stimme, hat das in einem Interview gut auf den Punkt gebracht. Als ich ihn zur Arbeit an der Stimme befragte, sagte er zu mir: Die Hauptaufgabe im Stimmtraining ist nicht, den Menschen ganz viel Neues beizubringen. Sondern sie von den Dingen zu befreien, die sie zurückhalten, ihre Stimme voll zu entfalten, sich laut und kraftvoll hörbar zu machen. Heißt: Die Arbeit an der Stimme ist vor allem Arbeit an sich selbst.
Sind Sie mit Ihrer Stimme im Reinen?
Ja, inzwischen bin ich das zu hundert Prozent, aber das war nicht immer so. Ich habe in den Neunzigern eine Musicalausbildung gemacht, da sagte man mir, dass ich eine tolle Sprechstimme hätte. Trotzdem habe ich lange gebraucht, das auch anzunehmen. Ich glaubte damals nicht genug an mich.
Wann hat Ihnen zuletzt die Stimme versagt?
Neulich in einem Onlineseminar. Ich war voll in Fahrt, als ich mich verschluckte. Ich musste husten und konnte eine Weile nicht normal sprechen. Das war mir als Stimmtrainerin im ersten Moment natürlich doppelt peinlich. Aber Fehler sind menschlich.