Rund sieben Millionen Jahre dauert es, bis sich aus ersten aufrecht gehenden Wesen der Homo sapiens entwickelt. Auf diesem langen Weg der Menschwerdung markiert eine Spezies einen besonderen Wendepunkt. Ein ferner Vorfahr, der vor knapp 1,9 Millionen Jahren die Bildfläche betritt und dem kaum noch etwas Äffisches anhaftet: der Homo ergaster. Der Habitus des bis zu 1,85 Meter großen Urmenschen, der sich aus dem Homo habilis oder dem Homo rudolfensis entwickelt hat , ähnelt schon sehr dem eines modernen Menschen .
Auch sein Gang wirkt modern: Mit eleganten Schritten durchwandert Homo ergaster die ostafrikanische Savanne. Seine kräftigen Beinknochen und die gewölbten Füße erlauben es ihm, mühelos kilometerlange Märsche zu meistern. Zugute kommt dem Langstreckenläufer obendrein, dass er wohl als erster Menschentyp kein Fell mehr trägt; Schweißdrüsen verschaffen ihm Kühlung in der afrikanischen Hitze.
Homo ergaster, "der arbeitende Mensch"
Der Namen "ergaster" leitet sich vom griechischen Wort ergastikós für arbeitsam ab. Denn dieser Urmensch stellt in großer Zahl Steinwerkzeuge her, wobei er höchst geschickt und erfinderisch zu Werke geht. So entwickelt Homo ergaster vor 1,5 Millionen Jahren einen völlig neuen Werkzeugtyp, den Jäger und Sammler über einen Zeitraum von 1,3 Millionen Jahren benutzen werden: den Faustkeil. Dieses tropfenförmige Steinutensil ist ein Universalinstrument: Damit lassen sich Beutetiere aufschneiden, Fleisch von Knochen abtrennen, Löcher in Holz bohren, Knollen ausgraben. Die Fabrikation eines Faustkeils offenbart, welch enorme kognitive Fähigkeiten Homo ergaster besitzt: Er ist imstande, die gewünschte Form vor seinem inneren Auge erscheinen zu lassen – um dann jeden Schlag ganz gezielt zu setzen.
Das nötige geistige Rüstzeug dafür verschafft ihm sein rund 900 Kubikzentimeter großes Gehirn, das Homo ergaster zu einem wahren Pionier macht. Denn er ist womöglich auch der erste Mensch, der mit Feuer umzugehen versteht.
Und er ist der erste unserer Vorfahren, der seine Heimat – den Afrikanischen Kontinent – verlässt. Vor 1,9 Millionen erreicht Homo ergaster das heutige Israel, dringt bis nach in das heutige Gebiet von Syrien vor. 100.000 Jahre später überqueren Wanderer dieses Menschentyps den Kleinen Kaukasus.
Was schließlich den Exodus auslöst, ist ungewiss. Möglich, dass Hunger oder Krankheiten einige Clans in die Ferne treiben. Oder die schiere Neugier. Fest steht: Auf dem Marsch nach Osten geht aus Homo ergaster ein neuer Menschentyp hervor – der Homo erectus, den es bis ins nördliche China verschlägt.