Menschen altern unterschiedlich schnell, aufgrund von Faktoren wie Genetik, Lebensstil, Ernährung, Krankheiten und Stress. Menschen mit dem gleichen kalendarischen Alter können sich daher unterschiedlich alt fühlen und unterschiedlich schnell gealtert sein. Das sogenannte biologische Alter wird demnach durch den Zustand des Körpers und seiner Organe bestimmt. Ein höheres biologisches als kalendarisches Alter kann zu einem früheren Tod führen, während ein niedriges biologisches Alter mit vergleichsweise besserer Gesundheit verbunden ist.
Online-Tests für eine schnelle Einschätzung
Im Internet stößt man rasch auf Seiten, die Tests zur angeblichen Bestimmung des biologisches Alter anbieten. Sie sind unterschiedlich ausführlich, basieren aber immer auf Angaben, die man selber schon hat oder etwas mühsam zusammensuchen muss. Recht ausführlich ist der Online-Test der Techniker Krankenkasse. Für den benötigt man neben Größe, Gewicht und Bauchumfang auch Daten wie den Blutdruck, Cholesterinwerte und den nüchternen Blutzuckerspiegel. Dennoch ist das Ergebnis nur eine sehr ungefähre Abschätzung, da wichtige Biomarker bei einem Online-Test natürlich nicht berücksichtigt werden können.
Tests auf epigenetische Marker
Seit einigen Jahren gibt es einen Algorithmus des Altersforschers und Biostatistikers Steve Horvath, der aus bestimmten epigenetischen Markern (biochemische Anhängsel der DNA) in Speichel- oder Blutzellen das biologische Alter eines Menschen auf plus/minus 3,6 Jahre genau berechnet. Epigenetische Marker regulieren die Aktivität von Genen, und Horvath hat einige davon entdeckt, die sich systematisch mit dem Alter verändern. Sein Test hat ein großes Potenzial für die Wissenschaft, da Forscher systematisch untersuchen können, welche Faktoren den Alterungsprozess beeinflussen.
In Deutschland sind inzwischen zwei Selbsttests (Cerascreen Genetic Age Test und EpiAge Test) auf dem Markt, welche die grundlegende Methode von Horvath nutzen. Die mehrere Hundert Euro teuren Tests nutzen aber auch weitere epigenetische Marker, was die Ergebnisse noch genauer machen soll. Das biologische Alter soll angeblich auf 2,5 beziehungsweise 2,8 Jahre genau erfasst werden. Allerdings lassen sich die Angaben nicht überprüfen, da die zugrunde liegenden Daten nicht veröffentlicht wurden.
Der Biologe und Wissenschaftsautor Peter Spork hat vor einiger Zeit beide Tests ausprobiert – und kam zu einem eher ernüchternden Fazit. "Ich habe mittlerweile beide Tests im Abstand von drei Jahren ausprobiert, und die Resultate weichen überraschend stark voneinander ab: Beim ersten war ich fünf, beim zweiten knapp zehn Jahre jünger als das chronologische Alter. Auch wenn ich zwischen den Tests großen Wert auf einen gesunden Lebensstil gelegt habe, so scheint dieses Resultat vor allem zu unterstreichen, dass die Tests noch genauer werden sollten."
Auch können auf Grundlage der Tests keine individualisierten Ratschläge erstellt werden, wie der Einzelne sein biologisches Alter verringern oder das Tempo des Alterns bremsen könnte. Dafür sind die Zusammenhänge zwischen Erbe, Umwelt, Lebensstil und Vergangenheit eines Menschen und seinem biologischen Alter nicht ausreichend genug erforscht. Letztlich bleibt es beim wohlbekannten Rat zu viel Bewegung, Entspannung, ausreichend Schlaf, ausgewogener und gesunder Ernährung sowie Verzicht auf Alkohol, Zigaretten und andere Gifte.
Neuer Test für einzelne Organe
Forschende der Stanford University haben kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift "Nature" einen Bluttest vorgestellt, mit dem sich das biologische Alter einzelner Organe bestimmen lässt. Das soll helfen, bei gesunden Menschen zu erkennen, welches Körperteil vermutlich als Erstes seinen Dienst einstellt. Der Test basiert auf knapp Tausend im Blut gemessenen Proteinen, woraus das biologische Alter von Herz, Hirn, Lunge, Niere, Leber, Bauchspeicheldrüse, Muskulatur, Fettgewebe, Immunsystem, Arterien und Verdauung resultieren soll.
Dahinter steht die Erkenntnis, dass die Organe eines Menschen unterschiedlich schnell altern können. Die Studie mit mehr als 5000 Probandinnen und Probanden ergab, dass sich bei knapp jeder fünften Person über 50 Jahren ein einzelnes, deutlich schneller gealtertes Organ finden ließ; knapp zwei Prozent hatten sogar zwei oder mehr vorzeitig gealterte Organe.
Betroffene haben nicht nur ein erhöhtes Risiko, in den nächsten 15 Jahren organspezifische Probleme wie etwa eine Herzschwäche (bei einem "alten" Herz) oder kognitive Schwierigkeiten (bei einem "alten" Hirn) zu entwickeln. Auch erhöhte sich ihr Sterberisiko um 15 bis 50 Prozent, je nachdem, welches Organ betroffen war. Einige der beteiligten Wissenschaftler haben für das Verfahren inzwischen ein Patent angemeldet und ein entsprechendes Unternehmen gegründet.