Fetale Entwicklung Kinder von Schwangeren mit Essstörung werden öfter psychisch krank

Ein illustrierter Schwangerschaftsbauch in Pink mit einem abstrakten Fötus darin.
Leiden Schwangere unter einer Essstörung, sind sie häufig auch mangelernährt. Das hat Auswirkungen auf die fetale Entwicklung
© Carol Yepes / Getty Images
Leiden Schwangere an einer Essstörung, haben ihre Kinder ein erhöhtes Risiko, Tic-Störungen, Autismus oder Schizophrenie zu entwickeln. Das wies eine Kohortenstudie jetzt nach

Autismus, Schizophrenie oder ADHS sind nicht nur genetisch bedingt. Wie ein schwedisches Forschungsteam jetzt nachweisen konnte, hat wohl auch die Ernährung der Mutter einen Einfluss auf spätere psychische und neurologische Erkrankungen des Kindes.

Schon frühere Studien lieferten Hinweise darauf, dass die Ernährung von Frauen während der Schwangerschaft solche Erkrankungen begünstigt. Grund dafür ist wohl die Mangelernährung: Nehmen Schwangere nicht genug Nährstoffe und Vitamine auf, wirkt sich das negativ auf die Entwicklung des Ungeborenen aus. 

So scheint es bei einem Vitamin-D-Mangel wahrscheinlicher, dass das Kind später eine Autismus-Spektrum-Störung oder ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) entwickelt oder an Schizophrenie erkrankt. Ebenso steht ein Eisenmangel der Mutter mit einer späteren Schizophrenie-Diagnose des Kindes in Zusammenhang. Um den Einfluss von Essstörungen und auffälligen BMI-Werten (Body-Mass-index) von Schwangeren auf das Ungeborene weiter zu untersuchen, führten die Forschenden aus Stockholm jetzt eine Kohortenstudie durch.  

Thymian

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Jedes sechste Kind ist betroffen

Das Team um Professorin Ida A. K. Nilsson analysierte die Daten von drei finnischen Registern mit insgesamt 392.089 Müttern und 649.956 Kindern. Darin enthalten waren alle Lebendgeburten in Finnland zwischen dem 1. Januar 2004 und dem 31. Dezember 2014. 

1,6 Prozent der erfassten Mütter hatten eine diagnostizierte Essstörung, 5,89 Prozent waren vor der Schwangerschaft untergewichtig, und mehr als die Hälfte der Mütter waren übergewichtig oder fettleibig. Bei jedem sechsten Kind der Stichprobe wurde eine neuropsychiatrische Störung festgestellt.

Die Ergebnisse der Forschenden zeigen: Lag bei den Müttern eine diagnostizierte Essstörung vor – sei es Bulimie, Anorexie oder eine unspezifische Störung –, stand sie im Zusammenhang mit neun von zehn der untersuchten, oft vorkommenden neuropsychiatrischen Krankheitsgruppen der Kinder. Dazu gehören Stimmungsstörungen, Angststörungen, Schlafstörungen, Intelligenzminderungen, spezifische Entwicklungs- und Autismusspektrumsstörungen, ADHS, Verhaltensstörungen, Störungen des Sozialverhaltens und Fütterungsstörungen im Säuglings- und Kindesalter. Nur Intelligenzminderungen standen demnach nicht im Zusammenhang mit einer Essstörung der Mutter.

Dreifach erhöhtes Risiko für Tics

Den größten Zusammenhang fanden die Forschenden bei unspezifischen Essstörungen: Kinder davon betroffener Mütter hatten ein etwa dreifach erhöhtes Risiko, Schlafstörungen, Tic- und soziale Funktionsstörungen (wie Autismus oder Schizophrenie) zu entwickeln. 

Auch das Gewicht der Mütter ist ein Risikofaktor. Bei starker Adipositas der Mutter während der Schwangerschaft etwa stellten Ärzte doppelt so oft Intelligenzminderungen der Kinder fest. Und mütterliches Untergewicht war mit allen untersuchten psychischen Erkrankungen der Nachkommen verbunden, außer mit Ess- und Schlafstörungen. Fand die Geburt zusätzlich unter ungünstigen Bedingungen statt, etwa wenn das Kind zu früh oder mit geringem Gewicht geboren wurde, war das Risiko noch weiter erhöht. 

Faktoren wie das Rauchverhalten der Mutter oder der sozioökonomische Status wurden für die Analyse herausgerechnet. Auch wenn die statistische Auswertung keinen Hintergrund für die Ergebnisse liefern kann – das Team um Nilsson vermutet als Ursache die Mangelernährung. Künftig sollte medizinisches Personal dies bei der Versorgung von Müttern berücksichtigen, so die Forschenden. Möglicherweise ließe sich dadurch öfter verhindern, dass Kinder neuropsychiatrisch erkranken.