Das geht aus Untersuchungen des Neuroanatomen Heiko Braak hervor, der seit 2009 als Seniorprofessor am Zentrum für Biomedizinische Forschung des Universitätsklinikums in Ulm forscht.
Braak entwickelte die sogenannte Aszensionshypothese, der zufolge die Krankheit im Magen und Darm beginnt. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das fehlgefaltete Eiweißmolekül Alpha-Synuklein, das sich bei einer Parkinsonerkrankung in den erkrankten Gehirnzellen ablagert.
Die Alpha-Synukleine entstehen womöglich durch den Einfluss von Umweltgiften – aber auch im Nervensystem des Verdauungstrakts. Von dort, so die Hypothese, klettern die fehlerhaften Proteinablagerungen ins Hirn. Dabei nutzen sie den Vagusnerv und seine Verästelungen wie eine Steigleiter.
Magen-OPs verlangsamen den Krankheitsverlauf
Frühere Untersuchungen an Mäusen haben gezeigt: Kappt man diesen Nerv, wird der Krankheitsprozess verlangsamt. Auch eine Magengeschwüroperation kann die Krankheit bremsen; das hat ein schwedisches Forscherteam statistisch nachgewiesen. Sie nutzten für ihre Studie die nationale Gesundheitsdatenbank, um alle Patienten zu finden, die sich einer Vagotomie unterzogen hatten. Bei dieser Prozedur, die früher oft zur Behandlung von Magengeschwüren angewendet wurde, durchtrennen Chirurgen teilweise oder komplett den Vagusnerv, der vom Gehirn in den Bauchraum zieht. Diese Vagotomie blockiert die Produktion von Magensäure.
Das Ergebnis: Von 9430 Patienten, die sich einer Vagotomie unterzogen hatten, erkrankten 101 an Parkinson, was kaum abweicht von der Rate in der Allgemeinbevölkerung. Doch bei denjenigen Patienten, deren Vagusnerv vollständig durchtrennt worden war, ergab sich ein sehr deutlicher Trend. Gegenüber der Kontrollgruppe war das Risiko, an Parkinson zu erkranken, nach einer vollständigen Vagotomie um 22 Prozent geringer, und wenn der Eingriff mindestens fünf Jahre zurücklag, sogar um 41 Prozent niedriger.
Die Forschungen eröffnen neue Perspektiven auf die Behandlung von neurodegenerativen Krankheiten allgemein. Auch der „Rinderwahnsinn“ BSE führt durch den Verdauungstrakt beim Kontakt mit fehlgefalteten Proteinen („Prionen“).