Raumfahrt "Idefix" fliegt zum Mars: Das kann der Rover aus Deutschland

Ein Szenario, das sich die Forschenden am DLR wünschen: Ihr Rover Idefix ist heil auf dem Marsmond gelandet, die japanische Raumsonde schwebt noch im All (Credit: DLR / CC BY-NC-ND 3.0)
Ein Szenario, das sich die Forschenden am DLR wünschen: Ihr Rover Idefix ist heil auf dem Marsmond gelandet, die japanische Raumsonde schwebt noch im All (Credit: DLR / CC BY-NC-ND 3.0)
In wenigen Jahren soll ein Rover auf dem Marsmond Phobos landen, wertvolle Daten sammeln und dessen Oberflächenmaterial analysieren. Entwickelt wurde "Idefix" in Oberpfaffenhofen. Nun ist er auf dem Weg nach Japan 

Ohne ausgefahrene Solarpanels ist er in etwa so groß wie eine Getränkekiste und wiegt knapp 25 Kilogramm. Trotzdem soll "Idefix" bald zu Phobos fliegen, dort landen, eigenständig seine Beine ausstrecken und den Marsmond erforschen. Funktioniert der Plan, ist er der erste Rover, der die Oberfläche von Phobos berührt. 

Entwickelt wurde das Marsmobil unter anderem in Oberpfaffenhofen, von Ingenieur*innen des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums DLR. Nun ist es auf dem Weg nach Japan, denn "Idefix" ist Teil der japanischen Erkundungsmission Martian Moon Exploration. 2026, so der derzeitige Plan, will die Raumfahrtbehörde JAXA (Japan Aerospace Exploration Agency) eine Sonde in die Umlaufbahn des Roten Planeten schicken. Sie soll die Marsmonde Phobos und Deimos erforschen und vor allem klären, wie sie entstanden sind. Dafür braucht es weit mehr als jene Aufnahmen aus der Ferne, die es von früheren Missionen längst gibt. Die Forschenden brauchen Bodenproben. 

Etwa 40 bis 100 Meter über dem Marsmond wirft die japanische Sonde den Rover ab 

2027 soll die japanische Muttersonde den Mars erreichen und in seine Umlaufbahn einschwenken. Wenn sie dann Phobos umkreist und ihre eigene Landung vorbereitet, wird "Idefix" endlich von der Leine gelassen: Aus etwa 40 bis 100 Meter Entfernung wirft die Sonde den Rover Richtung Mondoberfläche. Der Fall dauert aufgrund der geringen Gravitationskräfte etwa eine Minute. "Das Besondere an diesem Rover ist seine enorm kompakte Bauart", sagt Projektleiter Markus Grebenstein. Sie ist entscheidend, damit er den Aufprall auf Phobos unbeschadet überstehen kann. 

Stimmen alle Berechnungen, schlägt "Idefix" auf der Oberfläche auf, überschlägt sich einige Male und kommt zum Stillstand. Auf welcher Seite ihr Rover liegen bleibt, können die Entwickler*innen auf der Erde nicht vorhersagen. Das Mobil muss in der Lage sein, sich aus jeder Position selbstständig aufzurichten. 

Während seiner Reise gen Mars ist Idefix kompakt zusammengefaltet: Seine Schaufelräder fährt der Rover erst nach der Landung aus (Credit: DLR / CC BY-NC-ND 3.0)
Während seiner Reise gen Mars ist Idefix kompakt zusammengefaltet: Seine Schaufelräder fährt der Rover erst nach der Landung aus (Credit: DLR / CC BY-NC-ND 3.0)

Dafür fährt es seine vier Beine aus. An deren enden sind kleine Schaufelräder montiert, denn niemand weiß genau, wie die Oberfläche von Phobos beschaffen ist. Landet "Idefix" auf der erwarteten Staubschicht, können sich seine Räder darin eingraben. Ist der Phobos-Untergrund in der Landeregion dagegen steinhart, kann der Rover sich rollend vorwärtsbewegen. 

So oder so: Der Rover muss seine Bewegungen behutsam steuern. Auf Phobos herrscht weniger als ein Tausendstel der Erdanziehungskraft. Beschleunigt er zu schnell, verliert der Rover den Kontakt zur Mondoberfläche und hebt ab. Gerade mal einen Millimeter pro Sekunde soll "Idefix" deshalb zurücklegen. 

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Noch bevor sich das Erkundungsfahrzeug seiner eigentlichen Aufgabe widmet, muss es sich um sein Überleben kümmern. Denn schon bald bricht die erste Nacht über Phobos herein mit Temperaturen von weit unter minus 100 Grad Celsius. Die Elektronik würde die Kälte wohl nicht überstehen: Der Rover muss heizen. Für große Energiespeicher war an Bord jedoch kein Platz. "Idefix" klappt stattdessen seine Solarpanels aus und erntet die wenige Energie, die es dank der Sonnenstrahlen auf Phobos gibt. 

Dann kommt Technik zum Einsatz, die im Inneren des Rovers schlummert. Ein Messgerät fängt die großen Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht auf Phobos ein. Ein Spektrometer analysiert das Licht, das ein Laser auf die Oberfläche des Marsmondes wirft. Aus den gesammelten Daten wollen die Forschenden Rückschlüsse auf die Materialeigenschaften ziehen, etwa ihre Leitfähigkeit und Porosität bestimmen. Außerdem soll "Idefix" helfen, einen passenden Landeort für die japanische Muttersonde zu finden. 

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Mit der Mission wollen die Forschenden die Entstehung der Marsmonde besser verstehen: Wurde Phobos einst, etwa durch den Einschlag eines anderen Himmelskörpers, aus dem Roten Planeten herausgerissen und kreist seither auf seiner Umlaufbahn? Oder schwebte er durchs All und wurde von den Gravitationskräften des Mars eingefangen? 

Womöglich liefern erst die Gesteinsproben der japanischen Mission belastbare Antworten. Während die Sonde nach kurzem Aufenthalt wieder abheben wird, um die Proben zur Erde zu bringen, bleibt "Idefix" allein zurück auf Phobos.