Raumfahrt Ein Bild und seine Geschichte: Als in Cape Canaveral die erste Rakete startete

  • von Rebecca Wegmann
Der erste erfolgreiche Start einer Rakete in Cape Canaveral
Die Bumper 8 hebt ab: Mit dem Start der ersten Rakete von Cape Canaveral begann im Juli 1950 ein neues Kapitel der Raumfahrt
© NASA
Vor 75 Jahren hob die erste Rakete in Cape Canaveral ab. Der Beginn einer Ära an dem bis heute wichtigsten Weltraumbahnhof der USA

Mehr als 1000 Raketen, Flugkörper und bemannte Raumfahrzeuge sind bis heute von der Cape Canaveral Space Force Station gestartet. Als erste Rakete hob am 24. Juli 1950, vor 75. Jahren, die "Bumper 8" von dem Weltraumbahnhof im US-Bundesstaat Florida ab. Es war ein erster Schritt Reisen in die Erdumlaufbahn, zum Mond und auch zu anderen Planten im Universum. Und ein historischer Tag für den bis heute bedeutenden Ort der Weltraumforschung. 

Ab Mitte der 1940er-Jahre hatten US-Militärs Raketen getestet – doch anfangs noch nicht an der Küste Floridas, sondern im Bundesstaat New Mexiko. Nach dessen weißem Wüstensand war das Projekt auch benannt: "White Sand Missile Range". Auch der Trinity-Test, die erste erfolgreiche Zündung einer Atombombe, fand dort am 16. Juli 1945 statt.

Doch 1947 ging ein Raketentest schief: Statt nach Norden zu fliegen, bog die zweistufige Flüssigkeitsrakete Hermes II nach Süden ab und raste über El Paso in Texas hinweg auf die Stadt Juárez in Mexiko zu. Dort hinterließ Hermes II auf einem Friedhof einen etwa fünfzehn Meter breiten und 7 Meter tiefen Krater. Menschen wurden bei dem Absturz nicht verletzt. Als Folge zahlten die Amerikaner Schadensersatz an ihren Nachbarn, und das "White Sand Missile Range"- Projekt musste umziehen.

Ein Fischerdorf wird Raketen-Teststation

Ursprünglich war als neues Testgelände ein Ort an der Westküste Kaliforniens im Gespräch. Doch ein Küstenabschnitt auf Merrit Island in Florida brachte ideale Bedingungen mit: Cape Canaveral war damals ein kleines, verstreutes Fischerdorf. Zudem eröffnete die Gegend ein freies Schussfeld Hunderte Kilometer weit über dem Atlantischen Ozean. Auch das relativ stabile, gute Wetter des Ortes sprach für Cape Canaveral. 

Ausschlaggebend war schließlich die Nähe zum Äquator. Denn am Nullbreitengrad ist die Erdrotation am schnellsten. Das schiebt Raketen zusätzlich an. Flugkörper, die nahe dem Äquator starten, brauchen weniger Treibstoff und können schwerere Lasten in den Orbit transportieren. So unterschrieb der damalige US-Präsident Harry S. Truman 1949 ein Gesetz, das den Bau einer Teststation auf dem Gelände begründete. Wo vorher Fischerhütten standen, wurden binnen weniger Monate vier Raketenstartrampen errichtet: Launch Pad 1 bis 4. 

"Project Paperclip"

Die Basis für die Raketen, die in Cape Canaveral starten sollten, war Kriegsbeute aus Deutschland. Im Rahmen einer militärischen Operation "Project Paperclip" (zu Deutsch: Projekt Büroklammer) wurden der deutsche Physiker Wernher von Braun und seine Forschungsgruppe nach dem Zweiten Weltkrieg nach Amerika gebracht. Ab 1937 hatte von Brauns Team in einem Geheimlabor in Peenemünde an der Ostseeküste an Waffen für das NS-Regime getüftelt. Es entwickelte unter anderem die ballistische Rakete V2, eine 14 Meter lange und 14,5 Tonnen schwere Rakete mit Flüssigtreibstoff. 

In der Nachkriegszeit forschten die 125 deutschen Wissenschaftler mit US-Militärs weiter an dem Flugkörper. Sie kombinierten die deutsche V2 mit einer amerikanischen, einstufigen Feststoffrakete. Daraus entstand die Bumper, die erste mehrstufige Rakete mit flüssigen Treibstoffen. Schon ab Mai 1948 fanden die ersten Tests mit Bumper-Modellen statt – damals noch in White Sands, New Mexiko. Alle schlugen fehl. 

Ein "erfolgreicher Fehlschlag" schreibt Geschichte

Im Frühjahr 1950 waren die Abschussrampen in Cape Canaveral startklar. Deshalb wurden die Tests im Sommer an die Küste verlegt. Laut einem Bericht der NASA, die erst 1958 gegründet wurde, war der erste Start zunächst für den 19. Juli angesetzt. Doch dabei sei es zu technischen Problemen gekommen, weshalb die Bumper 7 an jenem Tag am Boden blieb. 

Fünf Tage darauf, am Samstag, dem 24. Juli 1950 um 09.28 Uhr (nordamerikanische Ostküsten-Sommerzeit) startete die Bumper 8 von Rampe drei. Der Test ging als "erfolgreicher Fehlschlag" in die Geschichte ein. Die erste Rakete, die von Cape Canaveral abhob, wich von der geplanten Bahn um 12 Grad ab, auch die Zündung der zweiten Stufe gelang nicht vollständig. Trotzdem erreichte die Bumper 8 eine Höhe von etwa 16,1 Kilometern und legte eine Wegstrecke von mehr als 320 Kilometern zurück.

Mit dabei waren damals auch Fotografen. Sie standen nicht weit entfernt von dem Holzverschlag mit Teerpappe, der 1950 als Startrampe diente, auf einem Sandwall. Die Bilder, die sie an diesem Tag schossen, gingen um die Welt. "Ich muss immer lächeln, wenn ich mir die Fotos ansehe. Es sieht fast aus wie in einem alten Science-Fiction-Film", sagte Ben Brotemarkle, Geschäftsführer der Florida Historical Society, dem Protal "florida today". "Man fragt sich, wie es dort um die Sicherheitsvorkehrungen bestellt war. Sie scheinen sich direkt neben der Stelle zu befinden, an der diese Rakete startet." 

Das Abheben von Bumper 8 auf dem bis heute größten und wichtigsten Weltraumbahnhof der USA war ein Meilenstein der Weltraumgeschichte. Zuletzt startete am 13. Juni 2025 eine Falcon 9 von Cape Canaveral aus in Richtung Orbit. Die Rakete des Unternehmens Space X brachte mehr als 20 Starlink-Satelliten in die Erdumlaufbahn.