Jagte er nicht nur im Ozean? Ein einzelner Zahn stellt unser Wissen über den Mosasaurier infrage

Er jagte Fische und Reptilien, schnappte Saurier und fraß Kadaver: der Mosasaurier
Er jagte Fische und Reptilien, schnappte Saurier und fraß Kadaver: der Mosasaurier
© Christopher DiPiazza
Im Ozean war der Mosasaurier ein gefürchteter Räuber. Nur dort, dachten Forschende. Bis sie einen seiner Zähne fanden: mitten in urzeitlichem Süßwasser  

Wenn er angriff, dann überraschend. Darauf lassen die Jagdwaffen des Mosasauriers schließen, die bislang in seinen Überresten entdeckt wurden. Mit seiner kräftigen Schwanzflosse könnte er blitzartig nach vorne geschossen sein: den Kiefer dank eines zusätzlichen Gelenks dabei weit geöffnet und bestückt mit spitzen, dolchähnlichen Zähnen. Seine Opfer jagte der Mosasaurier, zwölf Meter lang waren die größten seiner Art, im Meer. Davon gingen Paläontologinnen und Paläontologen lange aus. 

Doch diese Annahme bröckelt. Bei Ausgrabungen in der Fossilienfundstätte Hell Creek im US-Bundesstaat North Dakota entdeckten Forschende einen Zahn des Urzeitjägers. Schon früher waren in der Nähe Mosasaurierzähne gefunden worden. Sie stammten aus einer Zeit, in der salzhaltiges Meerwasser das dortige Land bedeckte, und passten damit ins Bild, das sich die Forschung bislang vom Mosasaurier gemacht hatte: als Jäger in flachen Meeren, klassifiziert als marines Reptil. 

Der Zahn eines Mosasauriers auf dem weißen Handschuh eines Forschenden
Der Träger des Zahns war ein Gigant: elf Meter lang und brandgefährlich für viele Lebewesen in seiner Nähe
© Trissa Shaw

Der jüngste Fund jedoch ist nur etwa 66 Millionen Jahre alt und deshalb besonders. Zu dieser Zeit hatte sich der Western Interior Seaway, eine einst salzwasserhaltige Meeresverbindung, bereits gewandelt. Sie war, das hatten auch frühere Fossilfunde aus Hell Creek gezeigt, brackiger geworden und enthielt schließlich hauptsächlich Süßwasser. 

Der Mosasaurier jagte unbeirrt darin weiter. Das legen die Analysen nahe, die ein Forschungsteam um Melanie During und Nathan Van Vranken nun im Fachmagazin "BMC Zoology" veröffentlichte. Das Team untersuchte das Isotopenverhältnis im Zahnschmelz des Fundes. Besonders die Sauerstoff- und Strontiumsignaturen entlarvten den Jäger. Vermutlich, schreiben die Forschenden, habe er seine Beute im flachen Süßwasser gejagt, ab und an auch Kadaver gefressen und sogar Dinosaurier geschnappt. Damit besetzte er wohl eine ähnliche Nische, in der sich heute Salzwasserkrokodile eingerichtet haben. 

Der Mosasaurier, in dessen Maul der gefundene Zahn einst steckte, war jedoch deutlich größer. Das Individuum gehörte zur Unterfamilie Plioplatecarpinae, war mutmaßlich elf Meter lang. Es ist damit nicht nur einer der größten bislang in der Region entdeckten Räuber, sondern gehört damit auch zu den bislang größten bekannten Jägern im Süßwasser.

Dass der Zahn erst nach dem Tod des Sauriers seinen Weg dorthin gefunden hat, ist laut den Forschenden unwahrscheinlich: Dagegen sprechen sowohl die Isotopenanalysen als auch die fehlenden Transportspuren am Zahn selbst. Der Mosasaurier habe in Hell Creek gelebt und sei dort gestorben.