Philippinen Bei den Siedern von Bohol: Hier wird eines der seltensten Salze der Welt hergestellt

Text: Laura Fornell, Jenny Niederstadt
Rauch dringt aus einer Hütte auf den Philippinen
In einer Grube vor der Siedehütte von Familie Manongas saugen sich Kokosnussschalen mit Meerwasser voll
© Oscar Espinosa/ Amalgama Project
Das Salz Asin tibuok begeistert Gourmets auf der ganzen Welt. Hergestellt wird es aber nur noch in einem kleinen Ort auf den Philippinen – und nur wenige Familien wissen um die alte Handwerkskunst

Rauch steigt in Schwaden aus der Hütte: Nestor Manongas hat Meerwasser auf die Glut in ihrem Innern gesprüht. Denn die dort aufgehäuften Kokosnussschalen dürfen sich nicht entzünden. Sie sollen nur glimmen, über viele Stunden, bis sie schließlich zu feiner Asche zerfallen. "In den nächsten Tagen werden wir deshalb in Schichten arbeiten und das Feuer rund um die Uhr im Auge behalten", sagt Manongas.

Der drahtige Mann bewacht in seiner Hütte mehr als nur die Glut: Er will auch seine Handwerkskunst vor dem Aussterben bewahren. Der 73-Jährige gehört zu den letzten asinderos. So nennen sich die Salzsieder von Bohol, einer hügeligen Insel im Zentrum der Philippinen.

Das Salz Asin tibuok gilt als bedrohtes Lebensmittel

Nur hier, um den kleinen Ort Alburquerque an der Südküste, wird noch Asin tibuok hergestellt: ein Speisesalz, das Gourmets auf der ganzen Welt wegen seines milden, fruchtigen und leicht rauchigen Geschmacks schätzen. Auch optisch überrascht es, denn Asin tibuok wird als eiförmiger Salzblock verkauft, der meist in einer Tonschale sitzt. Versandhändler bieten das Salz deshalb auch unter dem Spitznamen "Dinosaurier-Ei" an.

Nur noch sehr wenige Familien auf Bohol beherrschen die Kunst seiner Herstellung. Die Organisation Slow Food führt das Salz deshalb seit 2016 in ihrem Katalog der bedrohten Lebensmittel. Weil die Produktion so zeitaufwendig ist, lässt sie sich nur schwer erhöhen: Mehr als drei Monate brauchen asinderos, um die Salzeier herzustellen.

Zunächst sammeln sie Kokosnussschalen in großen Gruben bei den nahe gelegenen Mangrovenwäldern. Diese füllen sich bei Flut mit frischem Meerwasser – mit ihm saugen sich die Schalen über Monate immer wieder voll. Die Männer schneiden sie dann in Stücke, lassen sie mehrere Tage in der Sonne trocknen und verbrennen sie danach zusammen mit Holz und Kokospalmblättern im asinan, der Siedehütte, bis nur noch weiße Asche übrig ist. Diese wird mit Meerwasser gefiltert, um das Salz daraus zu lösen: Eine hochkonzentrierte Sole bildet sich.

Die asinderos füllen sie in handgefertigte Tontöpfchen – die spätere Schale der Salzeier – und hängen diese für einige Stunden über offenes Feuer. Die Sole in ihrem Innern beginnt zu sieden, und unter ständigem Nachfüllen setzt sich in den Töpfen das Salz ab, bis es endlich seine Hülle aus Ton ausfüllt – das Asin tibuok ist fertig.

Rund 120 der Eier fertigt Nestor Manongas in einem Durchlauf. Es brauche zugleich Fingerspitzengefühl und Kraft, sagt er: "Das ist kein Job für Faule." Er selbst erlernte das Handwerk von seinem Vater, arbeitete jedoch als Klempner – zu anstrengend erschien ihm das Salzsieden. Auch die meisten anderen Familien auf Bohol gaben die Tradition auf. Als im Jahr 2000 nur noch ein asinderoübrig war, beschlossen die Manongas, eine neue asinanzu errichten. Seit 2010 fertigen sie wieder Salz auf traditionelle Art. Die Nachfrage ist hoch, auch wenn jedes Ei, etwa 1000 Gramm schwer, rund 140 Euro kostet.

Nestor Manongas hofft, dass sein Handwerk überlebt. Einen Nachfolger hat er schon gefunden. Noch aber entzündet er selbst das Feuer. Er spricht ein kurzes Gebet und schiebt Zunder zwischen das Holz.