Raubsaurier Wer hatte den stärksten Biss? T-Rex und Co. auf dem Prüfstand

Tyrannosaurus rex setzte auf pure Kraft: Mit gewaltigem Kieferdruck konnte der bis zu 13 Meter lange Gigant mächtige Knochen zermalmen
Tyrannosaurus rex setzte auf pure Kraft: Mit gewaltigem Kieferdruck konnte der bis zu 13 Meter lange Gigant mächtige Knochen zermalmen
© ROGER HARRIS / SPL / Getty Images
Sie waren riesig, zweibeinig, gefürchtet – doch ihre Schädel verraten: Nicht alle Raubsaurier setzten auf pure Kraft. Wer wie tötete, haben Forschende untersucht

Er ist die Ikone unter den Raubsauriern: Mit 13 Meter Länge, einem muskelbepackten Neun-Tonnen-Leib und bis zu 20 Zentimeter langen Hauern stapfte Tyrannosaurus rex vor 68 bis 66 Millionen Jahren durch das kreidezeitliche Nordamerika. Das Sinnbild einer längst vergangenen, urtümlichen Größe, vor der heutige Landprädatoren wie Löwen oder Bären geradezu zierlich wirken. 

Britische Forschende haben jetzt mittels einer biomechanischen Analyse nachgewiesen, dass der Schädel des T-Rex auf schnelle, extrem kräftige Bisse ausgelegt war. Im Vergleich zu heutigen Spezies ähnlich dem eines Krokodils. Andere große zweibeinige Raubdinosaurier, darunter Giganten wie Allosaurus oder Spinosaurus, konnten dagegen nicht annähernd so kraftvoll zubeißen. Stattdessen spezialisierten sie sich auf das Reißen und Schneiden von Fleisch, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin "Current Biology".

Für ihre Studie wollten Andrew Rowe und Emily Rayfield von der Universität Bristol herausfinden, wie sich der zweibeinige Gang (Bipedie) auf die Schädel-Biomechanik und die verschiedenen Jagdtechniken von Theropoden, zu denen die Raubsaurier zählten, auswirkte. Lange bekannt ist, dass Spezies wie T-Rex, Gigantosaurus und Co. trotz ähnlicher Körpergrößen zu ganz unterschiedlichen Zeiten und an verschiedenen Orten des Planeten auf Beutefang gingen. Und dabei höchst unterschiedliche Schädelformen entwickelt haben. Doch inwieweit geben die fossilen Überreste Aufschluss über die jeweilige Lebensweise? Glichen die Topräuber der Urzeit einander oder unterschieden sie sich vielmehr, wenn es darum ging, an Fleisch zu gelangen? 

Die Prädatoren gingen völlig unterschiedliche evolutionäre Wege

Um dies zu klären, untersuchten Rowe und Rayfield insgesamt 18 verschiedene Arten fleischfressender Theropoden mithilfe von CT- und Oberflächenscans. Dabei zeigten sich überraschend deutliche Unterschiede. So hing der "Schädelstress" – also die Belastung der Knochen beim Zubeißen – nicht allein von der Größe der Tiere ab. Tatsächlich meisterten sogar manche kleinere Spezies größere Spannungen als ihre riesigen Verwandten, bedingt durch höheres Muskelvolumen und stärkere Bisskräfte.

Urzeit: Die wahre Geschichte der Evolution: Wie Saurier und Säuger Seite an Seite lebten
© Annika Siems
Die wahre Geschichte der Evolution: Wie Saurier und Säuger Seite an Seite lebten
© Illustrationen: Annika Siems

"Raubsaurier gingen auf ihrem Weg zu gigantischer Größe völlig unterschiedliche evolutionäre Wege", sagt Rowe. Der Schädel des T-Rex etwa sei stark auf das Zermalmen von Knochen ausgelegt gewesen, während Allosaurus und Spinosaurus biomechanisch eher einem heutigen Komodowaran ähnelten und mit vergleichsweise schwacher Beißkraft ihre Beute stellten und verschlangen.

Spinosaurus, der größte aller bekannten Raubsaurier, lebte vor etwa 100 Millionen Jahren im heutigen Nordafrika. Seine Anatomie deutet auf eine amphibische Lebensweise hin, die krokodilähnlich verlängerte Schnauze eignete sich perfekt, um Fische zu fangen. Allosaurus wiederum, der vor etwa 155 bis 145 Millionen Jahren im späten Jura durch Nordamerika und Europa streifte, erreichte bis zu zehn Meter Länge und jagte mit gezackten, sägeartigen Zähnen. 

Die Tyrannosauriden – jener Clan, dem T-Rex angehörte – verfolgten offenbar eine besonders riskante, aber lohnenswerte Jagdstrategie (auch unter "high-risk, high-reward" bekannt), die es erlaubte, extrem große und wendige Saurier zu überwältigen. Die Kieferknochen des Tyrannosaurus rex waren mit besonders starken, tiefreichenden Muskelsträngen verbunden und konnten extremen Belastungen standhalten. Ein echter Knochenbrecherschädel. Die evolutionäre Anpassung könnte auch eine Antwort auf die Konkurrenz durch andere Beutegreifer gewesen sein – darunter kleinere Theropoden, die zur selben Zeit lebten. Und obendrein der Tatsache geschuldet sein, dass einige der pflanzenfressenden Spezies, die T-Rex im Visier hatte, gegen Ende der Kreidezeit ebenfalls zu Gigantismus neigten. 

Die Lebensräume boten mehr Raum für Jagdstrategien als bisher angenommen

"Es gab nicht das eine perfekte Schädeldesign für einen räuberischen Riesen", betont Rowe. Vielmehr hätten verschiedene Dinosaurier unterschiedliche Wege gefunden, als Fleischfresser erfolgreich zu sein. Offenbar waren die Ökosysteme der Dinosaurierzeit vielfältiger und boten mehr Raum für spezialisierte Jagdstrategien als bisher angenommen.

Die Ergebnisse verdeutlichen eindrucksvoll, welche Bandbreite an Möglichkeiten die Evolution bereithält, je nachdem, um welchen Lebensraum, welche ökologische Nische es geht. Und bestätigen damit auf anschauliche Weise einmal mehr Charles Darwins Prinzip des "Survival of the fittest". Womit nicht, wie so oft vermutet, das Überleben der Stärksten gemeint ist. Sondern der am besten Angepassten.