Dass Spatz und Huhn von Dinosauriern abstammen, wissen wir erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts – seit dem Aufsehen erregenden Fund des "Urvogels" Archaeopteryx. Im Jahr 1861 aus dem Solnhofener Plattenkalk in Bayern geborgen, belegte das Fossil, groß wie eine Elster, dass es schon vor 148 Millionen Jahren Dinosaurier gegeben haben muss, die über die Erde flatterten. Sie gehören zur Gruppe der Theropoden, die sich überwiegend aus Fleischfressern zusammensetzt. Und zu denen auch notorische Berühmtheiten wie Velociraptor und Tyrannosaurus Rex zählen.
Weitere Funde, vor allem aus China, erhärteten in den 1990er-Jahren diese Version von den Ursprüngen des Vogelflugs – einer der smartesten Erfindungen der Evolution. Allerdings wurde auch klar: Nicht alle gefiederten Dinosaurier nutzten ihre Federn zum Fliegen. Offenbar gab es gefiederte Wirbeltiere Millionen Jahre, bevor das erste von ihnen auf die Idee kam, damit von einem Baum zu gleiten. Oder sich aus eigener Kraft in die Luft zu erheben.
Diente das Dino-Federkleid ursprünglich als Wärmeschutz oder als Tarnung? Oder half es bei der Kommunikation mit Artgenossen? Über die Funktion dieser frühen Federn rätselt die Forschung bis heute.

Doch wie sie aussahen, wissen wir dank eines unglaublichen Zufalls im Jahr 2015 genau.
Damals entdeckte die Paläontologin Lida Xing von der China University of Geosciences (Peking) einen schön polierten Bernstein auf einem Markt in Myanmar. Eingeschlossen in dem 99 Millionen Jahre alten Baumharz war neben Insekten – an sich schon bemerkenswert genug – etwas, das die Besitzer für den etwa vier Zentimeter langen Teil einer fossilen Pflanze hielten. Xing kaufte, einer Intuition folgend, den Bernstein für das Paläontologische Institut in Chaozhou, China. Und rekonstruierte mithilfe des Bernsteinsammlers den ursprünglichen Fundort im Norden Myanmars.
100 Millionen Jahre alte Federn, bis in mikroskopische Details erhalten
Die Untersuchung mit dem Mikroskop und dem Computertomografen ergab Erstaunliches: Die "Pflanze" war in Wirklichkeit ein Teil eines befiederten Schwanzes eines kleinen, flugunfähigen Sauriers aus der Gruppe der Coelurosaurier, einer Untergruppe der Theropoden.
Im Gegensatz zu den teils stark verwitterten Strukturen, die aus Versteinerungen bekannt waren, boten sich den Forschenden im ausgehärteten Baumharz schier unglaubliche Details. So hatten sich neben acht Wirbelknochen die fragilen Federn in ihrer ursprünglichen, feinen Struktur und räumlichen Ausdehnung erhalten. Sogar Eisen konnte das Forschungsteam in den Geweberesten um die Wirbelknochen finden: ein Hinweis auf Hämoglobin, das im Blut den Sauerstofftransport in die Zellen übernimmt.

Die Federn lassen darauf schließen, schreiben die Autorinnen und Autoren ihrer Studie, dass die Oberseite des Schwanzes kastanienbraun, die Unterseite dagegen hell oder weiß gewesen sei.
Und sie wollen auch Hinweise auf die Evolution der Federn gefunden haben: So lasse deren Struktur, ohne einen zentralen Schaft, darauf schließen, dass sich die Verzweigungen – die Federäste und die davon abzweigenden Strahlen – evolutionär zuerst entwickelt haben müssen.
Die Forschenden erklärten 2016, Dinosaurier-Fossilien in Bernstein seien eine "neue Informationsquelle", die es wert sei, intensiv erforscht zu werden. Doch seitdem gab es kaum weitere spektakuläre Funde. Ein Mini-Dino-Schädel in Bernstein, vorgestellt in einer Studie aus dem Jahr 2020, entpuppte sich nur ein Jahr später als der Kopf einer Eidechse.