Globale Erwärmung Weiße Weihnachten nur noch alle zehn Jahre: Die Klimakrise raubt uns den Schnee

Nikolaus auf Pferdeschlitten in Winterlandschaft
Dass Schnee zu den Feiertagen früher üblich war, ist nostalgische Illusion. Doch die ohnehin geringen Chancen sinken weiter
© Thomas Warnack / dpa
Deutsche Winter haben im Schnitt 18 Frosttage an den Klimawandel verloren. Kaum ein Land ist stärker betroffen. Das laue Wetter birgt Gefahren für Natur, Gesundheit und Landwirtschaft

"Schneeflöckchen, Weißröckchen" und "Leise rieselt der Schnee" wird derzeit wieder geträllert. Mit der Realität haben solche Lieder jedoch immer weniger zu tun. Im Zuge der Klimakrise werden beispielsweise weiße Weihnachten vom 24. bis 26. Dezember in den meisten Regionen Deutschlands immer seltener, wie es vom Deutschen Wetterdienst (DWD) heißt. Die meisten Menschen können sich demnach im Mittel nur noch alle zehn Jahre über Schnee an den drei Tagen freuen.

Ökologie: Plastik vs. echt: Peter Wohlleben, welcher Weihnachtsbaum ist nachhaltiger?
© by-studio / Adobe Stock
Plastik vs. echt: Peter Wohlleben, welcher Weihnachtsbaum ist nachhaltiger?
© Bild: by-studio / Adobe Stock

Im Vergleich der Referenzperioden 1961 bis 1990 und 1991 bis 2020 ist die Wahrscheinlichkeit für weiße Weihnachten mit einer Schneedecke an allen drei Tagen laut DWD im bundesweiten Durchschnitt prozentual um gut die Hälfte gesunken. Besonders betroffen sei der Süden. In München zum Beispiel lag die Wahrscheinlichkeit im ersten Zeitraum noch bei gut 33 Prozent, danach nur noch bei knapp 14 Prozent, in Freiburg zunächst bei fast 17 und danach bei deutlich unter fünf Prozent.

Tatsächlich waren weiße Weihnachten aber auch davor nicht sonderlich häufig. Denn gerade um die Festtage herum herrscht häufig Tauwetter.

Fachleute sprechen von einer Singularität. Die Eisheiligen im Mai gehören dazu, die Schafskälte im Juni sowie der Altweibersommer, eine warme, sonnige Phase, die oft Mitte September bis Anfang Oktober auftritt. Und eben auch das Weihnachtstauwetter: Um den 24. Dezember herum gibt es den DWD-Daten zufolge etwas häufiger milde Temperaturen, die Schnee wegtauen oder gar nicht erst liegen bleiben lassen.

Ästhetik schlägt Realität

Dass die Vorstellung von weißen Weihnachten so stark in unseren Köpfen verankert ist, hat Fachleuten zufolge womöglich schlicht damit zu tun, dass Schnee auf Weihnachtskarten, in Kinderbüchern und bei Werbung für Wintermode besser aussieht als der dann eher übliche Nieselregen.

Vom Mythos zur Wahrheit werden weiße Weihnachten auch künftig nicht – eher ist noch mehr Illusion vonnöten. Bereits jetzt hat der Klimawandel einer aktuellen Auswertung zufolge Auswirkungen auf die Zahl der Wintertage ohne Frost. Er führte demnach dazu, dass es in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland im Durchschnitt jährlich 18 Wintertage mit Mindesttemperaturen über null Grad mehr gab als in einer Welt ohne menschengemachten Klimawandel.

"Laut unserer Analyse gehört Deutschland zu den zehn Ländern, die am stärksten vom Verlust kalter Wintertage betroffen sind", sagte Kristina Dahl, Vizepräsidentin und wissenschaftliche Leitung bei der gemeinnützigen US-Organisation Climate Central in Princeton. "Wenn wir weiterhin Öl, Kohle und Gas verbrennen, sind wir auf dem besten Weg, den Winter, wie wir ihn kennen, zu verlieren – mit verheerenden Folgen für Mensch und Tierwelt", warnte Dahl.

Das Autorenteam untersuchte für Hunderte Großstädte weltweit, wie sich steigende Temperaturen infolge des Klimawandels in den Monaten Dezember bis Februar auf die Anzahl der Tage mit Temperaturen über dem Gefrierpunkt auswirken. Berücksichtigt wurden Daten von 2014 bis 2023 aus 123 Ländern der Nordhalbkugel, darunter sechs Städte aus Deutschland.

Mehr als ein Drittel (44) der untersuchten Länder hatten demnach in diesem Zeitraum mindestens sieben frostfreie Tage mehr pro Jahr, als es ohne Klimawandel geschehen wäre. Europa ist im Schnitt besonders stark betroffen, Deutschland landet auf Platz sieben der Länder mit dem größten Anstieg an solchen Tagen.

Folgen für Wirtschaft und Natur

Climate Central geht auch auf potenzielle Folgen solcher Veränderungen ein, etwa für die Wintersport-Industrie und die Landwirtschaft. Wärmere Winter können demnach die Schneedecke in den Bergen verringern, eine wichtige Quelle für das Schmelzwasser im Frühjahr – mit Auswirkungen etwa für die Bewässerung von Feldfrüchten.

Wärmere, kürzere Winter können die Gesundheitsrisiken durch Krankheitserreger verschlimmern und die Wachstumszeit für Pflanzen und damit die Leidenszeit für Allergiker verlängern. "Schnee, Eis und kalte Temperaturen, die früher die Wintersaison kennzeichneten, verschwinden vielerorts schnell", sagte Dahl. Das bedrohe Ökosysteme, Volkswirtschaften und kulturelle Traditionen.