Die tropische Garnele Lysmata amboinensis kann gleich mit mehreren staunenswerten Eigenschaften aufwarten. So ernähren sich die Krebstiere von Speiseresten, die sie geduldig stillhaltenden Raubfischen aus den Zähnen und dem Rachen pulen. Zudem verfügen sie sowohl über das männliche als auch über das weibliche Geschlecht.
Bemerkenswert ist allerdings auch ihr Dekor, der sie bei Aquarianer*innen beliebt macht: Ein leuchtend heller, weißer Streifen über den Rücken, weiße Beine und Fühler machen das Krustentier zu einem echten Hingucker.
Tatsächlich ist das Weiß dieser Tiere scheinbar heller als die Physik erlaubt. Rund 80 Prozent des einfallenden Tageslichts reflektiert die Schicht. Und das, obwohl sie mit nur wenigen Mikrometern extrem dünn ist. Viel zu dünn eigentlich, um so viel Licht zu reflektieren. Denn wenn Pigmente in einer sehr dünnen Schicht eng beieinander liegen, absorbieren die Teilchen aufgrund von physikalischen Effekten einen großen Teil des einfallenden Lichts. Liegen sie dagegen zu weit auseinander, reduziert das den Anteil des reflektierten Lichts ebenfalls.
Ein internationales Forschungsteam hat nun das Geheimnis des unwirklich strahlenden Weiß gelüftet: Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachmagazin "Nature Photonics" berichten, besteht der "Trick" der Tiere in 300 Nanometer großen Kügelchen aus der Substanz Isoxanthopterin. Dessen Moleküle sind so angeordnet, dass sie speichenartig das Zentrum der Kügelchen mit der Oberfläche verbinden.
Innere Struktur von Nano-Kügelchen sorgt für maximale Reflexion
Diese Kügelchen sind nun zwar in der dünnen Pigmentschicht der Garnelen dicht gedrängt. Dass sie dennoch mehr Licht reflektieren als erwartbar, liegt an ihrer besonderen Architektur: Die Speichenstruktur verhindert, dass die physikalischen Effekte wirksam werden, die die Reflexion eigentlich verringern müssten.
Darüber hinaus konnten die Forschenden in einer Computersimulation zeigen, dass die Kügelchen mit der besonderen, filigranen Struktur doppelt so viel Licht reflektieren wie nicht strukturierte Kügelchen aus derselben Substanz.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hoffen nun, dass ihre Erkenntnisse überall dort zu neuen Entwicklungen führen, wo für menschliche Zwecke strahlendes Weiß gebraucht wird. Das verbreitet eingesetzte superweiße Titandioxid etwa gilt seit kurzem als erbgutschädigend – und wurde 2022 als Lebensmittelzusatzstoff in der EU verboten. In Zahncremes oder Arzneimitteln dagegen ist der Stoff – unter der Bezeichnung "E 171" oder "Titanium Dioxide" – weiterhin ohne Einschränkungen erlaubt.